Pflegeplanung

Aus Familienwortschatz
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Pflegeplanung ist eine zentrale Arbeitsmethode professioneller Pflegekräfte mit dem Ziel, eine systematische und nachvollziehbare Pflege zu ermöglichen. Das ist besonders durch die komplexe Zusammenarbeit vieler bei der Pflege wichtig. Durch Erstellung eines individuellen Pflegeplans für jeden Patienten soll die Qualität der Pflege verbessert werden. Seit der Novellierung des Krankenpflegegesetzes von 1985 ist die geplante Pflege verbindlich.

Inhaltlich gibt es in weiten Teilen Überschneidungen mit dem Begriff Pflegeprozess - dieser beschreibt allerdings mehr das theoretische und das praktische Gesamtgeschehen und zielt weniger auf die Arbeitstechnik ab. Der Pflegeprozess umfasst deutlich mehr Aspekte als die Pflegeplanung.

Der individuelle Pflegeplan ist ein wichtiger Teil in der Pflegedokumentation.

Geschichte

Die Ursprünge der Pflegeplanung stammen aus den USA der 1950er Jahre. Vor allem war Virginia Henderson, die neben der Entwicklung und der Einführung solcher Begriffe wie "Grundpflege" auch berufspolitische Ziele und einen höheren Berufsstatus verfolgte, an dieser Entwicklung sehr interessiert.

  • 1960 erschienen die ersten Fachartikel über die Pflegeplanung.
  • Die systematische Einführung in amerikanischen Kliniken erfolgte ab 1970.
  • Kurze Zeit später erreichte diese Idee Großbritannien. Dort erschien 1979 das erste Lehrbuch zur Pflegeplanung.
  • Im deutschsprachigen Raum übernimmt Liliane Juchli bereits 1974 das auf Henderson basierende Konzept in ihr Lehrbuch.
  • 1981 erschien das erste spezielle Buch zur Pflegeplanung ("Pflegeplanung", Fiechter und Meier, Recom).
    • Diese Form der Pflegeplanung erwies sich für die Pflegepraxis in Deutschland als wenig praktikabel.
  • Im Jahr 1985 wird mit der Verabschiedung des neuen Krankenpflegegesetzes eine geplante und dokumentierte Pflege gefordert.
  • Seit den 1990er Jahren setzt sich die Pflegeplanung auch in Deutschland zunehmend durch. Monika Krohwinkel trug mit ihrer Forschungsstudie (Apoplexie) wesentlich dazu bei.
  • Die Qualitätsmaßstäbe der gesetzlichen Pflegeversicherung setzten die Pflegeplanung ab 1995 als State of the Art der Arbeitsvorbereitung voraus.

Begriffe und Intentionen

Zunächst wird unterschieden zwischen didaktischer und praktischer Pflegeplanung. Während die an den Krankenpflegeschulen gelehrte Pflegeplanung anhand von Fallbeispielen detailliert und damit sehr zeitaufwändig ausfällt, ist die praktische an den Prioritäten und den individuellen Gegebenheiten der Situation sowie den Wünschen und Bedürfnissen des "echten" Patienten orientiert.

Für die Einführung der Pflegeplanung in der Praxis ist es sinnvoll, sich auf eine Pflegetheorie und ein Klassifikationsmodell (z.B. AEDL) in einer Einrichtung zu einigen, oder sich zumindest Teile einer (oder mehrerer) Theorie(n) zu nutze zu machen. Dies können beispielsweise die an Bedürfnissen orientierten Pflegetheorien von Orem, Roper, Logan & Tierney oder Henderson sein. Orientierung können aber auch Pflegediagnosen der NANDA und das sogenannten RUMBA-Prinzip mit dessen Qualitätskreislauf bieten.

Unter dem Begriff "Pflegeplanung" versteht man eine geplante, für jeden am Pflegeprozess Beteiligten nachvollziehbare und systematische Arbeitsweise. Letztendlich ist es die praktische Umsetzung des Pflegeprozesses, die Sichtbarmachung pflegerischer Prozesse in der Arbeit mit Patienten. Da der Pflegeprozess ein patientenorientiertes und problemlösendes System ist, in dem die Patienten eng einbezogen werden müssen, ist auch die Pflegeplanung eine patientenorientierte Arbeitsweise. Diese Art der Problemlösung wurde von der Wirtschaft übernommen (Kybernetik) und an die Pflege angepasst. Systematische und planvolle Arbeitsweisen sind in allen Bereichen der modernen Arbeitswelt anzutreffen. In der Pflegeplanung werden häufig Pflegestandards verwendet, die jedoch individuell an den Patienten angepasst werden müssen.

Der Pflegeprozess in der Kranken- oder Altenpflege entsteht durch eine systematische, auf die Bedürfnisse des jeweiligen Menschen orientierte Planung und Durchführung der Pflege. Die Dokumentation ist dabei das Werkzeug für diese notwendige pflegerische Arbeit. Sie ist mit der Arbeitsvorbereitung in der Industrie oder dem Kostenvoranschlag im Handwerk durchaus vergleichbar.

Der Begriff "Pflegeprozess" betont das Gesamtgeschehen. Er bezeichnet das theoretische Konstrukt, die Abfolge von Auswertung gesammelter Informationen, daraus resultierender Planungen und Handlungen und wiederum deren Auswertung und Anpassung. Es ist ein sich ständig wiederholender Prozess.

Das Wort "Pflegeplanung" bezeichnet mehr die intellektuelle Vorbereitung und Verarbeitung der Pflegehandlungen sowie die Dokumentation durch die verantwortliche Pflegeperson. Das kann je nach Organisation der Pflege die Fachkraft, die Bezugspflegeperson, die Schichtleitung oder die Bereichspflegekraft sein.

In diesen Ablauf müssen die anderen beteiligten Berufsgruppen (z. B. Ärzte, Physiotherapeuten) eingebunden werden.


Sechs-Phasen-Modell (nach Fiechter/Meier)

Die Pflegeplanung besteht aus folgenden Schritten:

Pflegeregelkreis
  1. Informationen sammeln
  2. Fähigkeiten und Pflegeprobleme beschreiben
  3. Pflegeziele festlegen
  4. Pflegemaßnahmen planen
  5. Pflege durchführen
  6. Erfolg der Pflege bewerten (Evaluation)

Die einzelnen Schritte der Pflegeplanung

Gesundheits- und Krankenpflegerin grübelt über Problem, Ziel und Maßnahme

Es werden hier die einzelnen Schritte dargestellt, die aus einer spontanen, ungeplanten Pflege einen geplanten Prozess werden lassen. Dieses gesamte Vorgehen ist prozesshaft und nicht nur einmalig zu erledigen.

Alle Unterlagen zur Pflegeplanung - z. B. Pflegeanamnese, Pflegebericht, etc. sind Teil der individuellen Pflegedokumentation. Die Pflegedokumentation ist im Krankenhaus Teil der Patientenakte und unterliegt damit den Vorgaben zum Datenschutz und der Schweigepflicht.


Informationssammlung

Der Pflegeprozess beginnt mit der Informationssammlung zum Ist-Zustand des pflegebedürftigen Menschen - dabei werden nach Möglichkeit geeignete Assessmentinstrumente (z.B. RAI, ePA© usw.) eingesetzt.

Erkennen von Ressourcen und Pflegeproblemen

Im Pflegeplan werden auf Basis der im Assessment gewonnenen Daten und unter Berücksichtigung von Fähigkeiten / Ressourcen und Problemen die Pflegediagnose(n) gestellt und je nach Dringlichkeit in eine Rangfolge gebracht.

Festlegen von Pflegezielen

Auf der Grundlage der vorangegangenen Schritte werden realistische (d. h. erreichbare) Pflegeziele festgelegt und in den Pflegeplan geschrieben. Dazu sollte ein Gespräch zwischen Pflegenden und Patient/Klient geführt werden (siehe auch: Pflegefachgespräch).

Planung der Maßnahmen

Es folgt die Nennung der pflegerischen Maßnahmen, die zum Erreichen der vorgegebenen Ziele angewendet werden sollen. Zeitpunkt und Personalaufwand (Qualifikation, Anzahl) dafür sind anzugeben (i. d. R: ein Zeitrahmen oder die Häufigkeit). In den Pflegeplan können an dieser Stelle Pflegestandards einbezogen werden. Sie ersetzen aber nicht die individuelle Planung.

Durchführung der geplanten Pflege

Der zentrale Schritt des Pflegeprozesses ist die fachgerechte Durchführung der Pflegemaßnahmen. Dies wird anschließend im Pflegebericht und/oder Leistungsnachweis dokumentiert, um die tatsächlich erbrachte Pflegeleistung zu belegen.

Evaluation

Eine regelmäßige Überprüfung des Pflegeplanes, um Wirksamkeit, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Pflegemaßnahmen zu beurteilen, ist von Anfang an vorzusehen. Ihre Häufigkeit richtet sich nach Krankheitsbild und Behandlungs- bzw. Pflegevertrag. Sie erfolgt in der letzten Spalte des Pflegeplans und hält das Ausmaß des erreichten Erfolgs fest. Der Fachausdruck dafür ist Evaluation . Dazu wird der Pflegeplan in regelmäßigen Abständen, bzw. wenn sich neue Informationen ergeben, überprüft und überarbeitet und damit der neuen Situation angepasst. Der genannte Kreis schließt sich damit.

Qualität der Pflegeplanung

Worin liegt die Qualität der Pflegeplanung? - Woran ist die Qualität erkennbar?

Gute Qualität der Pflege und eine entsprechende Qualität der Pflegeplanung und der Pflegedokumentation liegt vor, wenn Pflege im Sinne der ganzheitlichen Behandlung berücksichtigt ist. Das betrifft den

unter Berücksichtigung der subjektiven und objektiven Eindrücke und individueller Bedürfnisse.

Merkmale der Qualität der Pflegeplanung

  • Pflegeprobleme werden begründet (z. B. Bedürfnis aufgrund ATL)
  • Aufstellung bzw. Zuordnung der Ziele wird begründet
  • Einbeziehung der Patienten
  • Klare Bestimmung der Pflegemaßnahmen
  • Ziele müssen realistisch und erreichbar sein
  • Das Erreichen der Ziele wird überprüft


Das Kriterium der Vollständigkeit der Dokumentation:

  • Das Aufnahme- bzw. Erstgespräch ist innerhalb der ersten 24 bis 48 Stunden nach der Übernahme in die Einrichtung geführt worden.
  • wichtige Grunddaten sind vollständig auf dem Stammblatt vermerkt
  • Informationen vom bislang behandelndem Team, z.B. der Arztbrief und der Pflegeüberleitungsbogen, sind berücksichtigt.
  • Pflegeprobleme sind formuliert.
  • Vorhandene Ressourcen sind erfasst.
  • Angaben über Gewohnheiten, Aktivitäten des täglichen Lebens, Biographieblatt/Lebenslauf liegen vor
  • Formulierung der Pflegeziele (mögl. in Abstimmung mit der gepfl. Person)
  • Pflegemaßnahmen, Reihenfolge und Gewichtung sind festgelegt.
  • Ein Pflegebericht wurde regelmäßig verfasst.
  • Das Erreichen der Ziele wurde überprüft.
  • Das Entlassungsgespräch wurde strukturiert geführt und stichwortartig dokumentiert.
  • Ein Bericht für die Nachsorge, Rehabilitation, Prävention etc. liegt vor (eigener Überleitungsbogen).


Vorgehen zur Überprüfung dieser Merkmale

Die Überprüfung der Merkmale kann in einem Organisationsstandard der Einrichtung geregelt sein, wie z. B. in einer Dienstanweisung oder einem Handbuch zur Pflegeplanung/-dokumentation für alle Mitarbeitenden.

Sie gehört zu den Führungsaufgaben der verantwortlichen Pflegefachkraft. Neben stichprobenartigen Überprüfungen sind auch systematische Auswertungen durchzuführen.

Siehe auch

Literatur

Bücher:

  • Friedhelm Henke, Christian Horstmann: Pflegeplanung exakt formuliert und korrigiert. Praktiksche Arbeitshilfen für Lehrende und Lernende, Pflegeprozessorientiertes Training inkl. Übungsaufgaben. Kohlhammer, Stuttgart, 2. Auflage 2010, DIN A4, ISBN: 978-3-17-021668-6
  • Birgitt Budnik: Pflegeplanung - leicht gemacht. Unter Mitarbeit von Reinhard Lay und Bernd Menzel. Urban & Fischer, München, 5. Auflage 2005 ISBN 3-437-26952-6
  • Marlies Ehmann, Ingrid Völker: Spezielle Pflegeplanung in der Altenpflege. Urban & Fischer Verlag, München , 2., überarb. Aufl. 2000. 346 S. ISBN 3-441-91495-3 * Fiechter V, Meier M. 1981 2.A; 1985, 4. A.: Pflegeplanung. Eine Anleitung für die Praxis. Basel, Recom
  • Friedhelm Henke: Pflegeplanung nach dem Pflegeprozess. Kohlhammer Stuttgart 3. überarbeitete und erweiterte Auflage 2006, ISBN 3-17-019315-5 Reihe Pflege und Wissen (181 Seiten)
  • Friedhelm Henke: Formulierungshilfen zur Planung und Dokumentation der Pflege - Mit Hinweisen aus den Richtlinien des MDK. Kohlhammer, Stuttgart 2007, ISBN 3-17-019070-9 Reihe Wissen und Praxis (141 Seiten).
  • MDS (2005): Grundsatzstellungnahme: Pflegeprozess und Dokumentation. Handlungsempfehlungen zur Professionalisierung und Qualitätssicherung in der Pflege. Selbstverlag Medizinischer Dienste der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V. (MDS). Essen. AutorInnen: Uwe Brucker, Gerdi Ziegler. 72 S. Download bei MDS möglich (ca. 800 kB, PDF).
  • Barbara Messer: Pflegeplanung für Menschen mit Demenz - was sie schreiben können u.wie sie es schreiben sollen
  • Adelheid von Stösser. 1992, 1997 3. erw. A: Pflegestandards. Erneuerung der Pflege durch Veränderung der Standards. Springer-Verlag, Berlin, 236 Seiten. ISBN 354058124-3 (Im Buch geht es vor allem um die Frage, wie eine individuelle Pflege geplant werden kann.)
  • Beate Swoboda (2005): Formulieren wie ein Profi. Pflegeplanung mit dem Planquadrat. Vincentz, Hannover. ISBN 3-87870-123-3
  • Beate Swoboda (2002): Pflegeplanung. Vincentz, Hannover. ISBN 3-87870-636-7
  • Ohne Autorennennung: Checklisten Pflegeplanung. Urban & Fischer Verlag, München. 320 Seiten. 2. Aufl. 2009 - ISBN 978-3-437-27471-8

Zeitschriften:

  • Dirk Hunstein (2004): Der Pflege die Pflege zurück geben: Pflegeassessment als Grundlage für Begründung und Transparenz der Pflege. Pflege aktuell, 56(1), 20-24
  • Reinhard Lay; Hermann Brandenburg (2001): Pflegeplanung abschaffen? Überlegungen aus pflegewissenschaftlicher Sicht. In: Die Schwester/Der Pfleger, Heft 11/2001, S. 938-942
  • Reinhard Lay; Bernd Menzel (1999): Pflegeplanung - Pannenhilfe für eine pflegerische Verfahrensweise. In: PrInterNet, PflegePädagogik, Ausgabe 2/1999, S. 43-50
  • Beate Swoboda (1998): Pflegeplanung in der Altenpflege - ein Plädoyer für die Arbeit mit dem DBVA-Modell. In: Altenpflegerin + Altenpfleger, Fach- und Inf.organ des DBVA, Duisburg. ISSN 09 40-2047, Ausgabe 3/4 1998
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