Ergebnisorientiertes PflegeAssessment© (ePA©)

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Ziel

Das ergebnisorientierte PflegeAssessment AcuteCare© (ePA-AC) bietet als vollstandardisiertes Screeninginstrument eine Strukturierung des ersten Schritts im diagnostischen Prozess und ist damit eine Antwort auf die Forderungen, Pflegediagnostik auf Assessmentinstrumenten aufzubauen. ePA-AC ist ein Pflegeassessment-Instrument, wobei es als eine Art pflegerischer Minimaldatensatz (NMDS) zur Messung verschiedener Aspekte von Pflegebedürftigkeit in der akutstationären Versorgung einen anderen Ansatz verfolgt als Assessmentinstrumente, die gezielt ein spezielles Phänomen erfassen.

Die grundlegende Konzeption des ePA-AC basiert auf einer standardisierten Erfassung der Kennzeichen von Pflegebedürftigkeit in der Akutklinik zu unterschiedlichen Messzeitpunkten. Die dabei gewonnenen Daten dienen als Unterstützung für die nachfolgende individuelle Versorgungsplanung oder zur Berechnung eines pflegerischen Case-Mix-Index. Das ePA-AC wurde gezielt entwickelt, um Veränderungen von Patientenfähigkeiten und -zuständen messen zu können. Die erhobenen Daten können daher auch zur Kennzahlen gestützten Qualitätsbeurteilung (z.B. Pflegeergebnisse) genutzt werden.

Über Triggerpunkte wird neben einer Differenzialdiagnostik auch der Einsatz von Leitlinien standardisiert gesteuert. Ein integriertes "Frühwarnsystem", der SelbsPflegeIndex SPI (früher als CaseManagementScore bezeichnet) identifiziert ein mögliches poststationäres Versorgungsdefizit (Initiales Assessment, siehe Expertenstandard Entlassungsmanagement des DNQP). Der SPI bildet auf der Basis von 10 ePA-AC-Items das Maß der Selbstständigkeit eines Patienten ab. Diese Items können gemäß der internationalen Klassifikation von Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit [ICF] (WHO 2005) dem Bereich der Aktivität und Partizipation zugeordnet werden.

Pflege-Prozessplanung

Datei:Zielplanung mit ePA-AC.jpg
Bsp. für Zielplanung und Ergebnisevaluation mittels ePA-AC

Als Assessmentinstrument auf Screeningebene ist das ePA-AC eine Grundlage für die pflegerische Diagnosestellung und steht damit (prozesshaft betrachet) sowohl vor allen anderen Schritten des Pflegeprozesses wie Pflegeplanung, Leistungserfassung usw. als auch danach, da es sich auch zur Evaluation des pflegerischen Erfolgs nutzen lässt.

Vorteil: Ohne zusätzliche, gesonderte Verfahren einzuführen, können Zielwerte innerhalb der Methode ePA-AC vorgegeben und deren Erreichung regelhaft überprüft werden (siehe Abbildung).

Offenheit des Systems

Durch seinen modulhaften Charakter lässt sich das ePA-AC mit anderen Systemen koppeln. So liegen z.B. folgende Verknüpfungen vor:.

  • Pflegediagnosen (hier: NANDA): Die Verknüpfung ePA-AC -> NANDA -> LEP Nursing 3 wurde in einem gemeinsamen Projekt von Universitätsspital Zürich, Kantonsspital Aarau, Kantonsspital Winterthur, Spital Uster in Kooperation mit der LEP-AG und dem ePA-CC umgesetzt und wird bereits in mehreren Spitälern der Schweiz genutzt.
  • LEP Nursing 3. Die Verknüpfung zwischen ePA-AC und LEP-Nursing 3 wird bereits im Produktivbetrieb eingesetzt.
  • zu weiteren Verknüpfungen zu komplexen Sprach- und Klassifikationssystemen wie ENP, ICNP und ICF haben erste Vorarbeiten bereits stattgefunden.
  • Die Gründe des neuen Pflege-OPS 9-20.x (Pflege-Komplex-Maßnahmen-Score PKMS-E und -J), der für die Abbildung besonders pflegeaufwändiger Patienten im DRG-System entwickelt wurde, können bereits heute nahezu vollständig über das ePA-AC abgebildet werden. Gemeinsam mit LEP Nursing 3 lässt sich so der erhebliche Dokumentationsmehraufwand des PKMS maximal reduzieren. Die für das erste Quartal 2010 geplante neue Version des ePA-AC wird dann alle Begründungen des PKMS beinhalten. Die Abstimmungen mit dem hessischen und dem bayerischen MDK laufen, damit das ePA-AC offiziell als ausreichende und kodierrichtlinienkonforme Dokumentation der Gründe anerkannt wird.

Die ePA©-Entwicklung erfolgt in Kooperation mit dem Institut für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke (Prof. Dr. Bartholomeyczik) und wird vom Deutschen Pflegerat unterstützt.

Aufbau

In 10 Kategorien werden insgesamt 52 Items zu Patientenfähigkeiten (nach ICF im Bereich von Aktivitäten & Partizipation) und -zuständen (nach ICF v.a. im Bereich von Körperfunktionen), ergänzt durch handlungsleitende Kontextstrukturen und -informationen vollstandardisiert, d.h. mittels Zahlenwertausprägungen erfasst. Die fähigkeitsbezogenen Items (Fähigkeit sich selbst zu waschen, Fähigkeit sich selbst zu kleiden, Lernfähigkeit usw.) sind 4er-skaliert, wobei der Wert "1" die niedrigste Fähigkeit, der Wert "4" die völlige Selbstständigkeit in diesem Bereich anzeigt. Für Items, die sich auf Kontextstrukturen beziehen (z.B. Vorliegen einer Ernährungssonde, Urinableitungssystem usw.) gilt zumeist eine dichotome Skalierung, d.h. Merkmal vorhanden bzw. nicht vorhanden, teilweise auch eine 4er-Skalierung (z.B. Trinkmenge).


Zuordnung der Items nach ICF Beispiel N
Aktivität & Partizipation • SPF Aktivität/Fortbewegung
• SPF Mobilität/Veränderung der Körperposition
• SPF Urinausscheidung durchführen
• Fähigkeit Kenntnisse zu erwerben
• ...
15
Körperfunktionen • verändertes Gangbild
• Schluckstörung
• Urin-Kontinenz
• ...
19
plus:
Kontextstrukturen und -informationen
• aktuelles Sturzereignis
• Trinkmenge
• Urinableitungssystem
• Beatmung > 24h
• ...
16


Die Entwicklung der Items und Kategorien erfolgte in einem wechselnd induktiv-deduktiven Prozess, d.h. der theoretischen Entwicklung folgte eine intensive Praxisphase, die Erkenntnisse aus der Praxis wurden überprüft und - je nach Ergebnis der Überprüfung - in die nächste ePA©-Version eingearbeitet usw. Auf diese Weise konnte eine Verbindung wissenschaftlicher Basierung und praxisnaher Operationalisierung sicher gestellt werden.


aktueller Entwicklungsstand

Das ePA-AC wurde als P'n'P-(Paper and Pencil)-Version ab Sommer 2003 in der HSK Dr. Horst Schmidt Klinik Wiesbaden zuerst projekthaft, dann flächendeckend eingeführt und wird jetzt schrittweise durch eine EDV-Lösung abgelöst.
Die Datenerhebung für psychometrische Testung (Interrater-Reliabilität, Interne Konsistenz, Konstruktvalidität und prognostische Validität) der Version ePA-Beta wurde im Juni 2006 abgeschlossen. Dabei konnten die Daten von über 1.500 Patienten und mehr als 4.600 Einschätzungen erfasst werden.
Für die Überprüfung der Interraterreliabilität wurden 230 gültige ePA-AC-Einschätzungen durchgeführt. Dabei weisen 93% der Items eine Beobachterübereinstimmung von >75% auf, bei 75% der Items liegt die Übereinstimmung über 80% und bei immerhin 45% der Items erzielten die paarweisen Beobachter Übereinstimmungen von >90%.
Bei vereinzelten Items wurde die Operationalisierung überarbeitet.
Basierend auf den Erkenntnissen der Testung wurde das ePA-AcuteCare© V1.0 entwickelt. Die Umbenennung in ePA-AcuteCare© (oder: ePA-AC©) wurde vorgenommen, um einerseits Verwechslungen mit anderen Akronymen (wie z.B. Elektronische PatientenAkte) zu vermeiden und andererseits schon im Namen die Zielrichtung Akutkrankenhaus deutlich zu machen.

Der SelbstPflegeIndex (SPI) (früher: CaseManagementScore) wurde von Schlarmann (2007, Download hier) sowohl bezüglich der Vorhersagefähigkeit für ein postationäres Versorgungsdefizit untersucht, als auch auf seine Inhalte hin. Über Faktorenanalysen und logistische Regressionsmodelle wurde geprüft, ob der SPI die "richtigen" Items beinhaltet und ob die Zahl der Items noch weiter gekürzt werden kann.
Ergebnisse: Der SPI weist bei seinem aktuellen Cut-Off-Wert von <32 eine Sensitivität von 80,65% und eine Spezifität von 93,73% auf. Bei einer Verschiebung des Cut-Off-Werts auf <=32 verbessert sich die Sensitivität auf 85,5% bei nahezu gleich bleibender Spezifität (92,35%).
Über die Regressionsmodelle konnte keine bessere Konstellation an ePA-AC-Items gefunden werden als die bestehende. Es wurden aber Hinweise darauf gegeben, dass eine Verkürzung des SPI auf die drei Items "Selbstpflegefähigkeit Fortbewegung/Mobilität"; "Selbstpflegefähigkeit Urinausscheidung durchführen" und "Selbstpflegefähigkeit Körperpflege Unterkörper" zu einer noch effizienteren Vorhersage führen kann.
Mit dieser Studie mehren sich die Hinweise, dass der SPI tatsächlich einen Indikator für das Maß der Pflegebedürftigkeit darstellt. Eine noch weiter verkürzte Liste gemäß der Vorschläge von Schlarmann könnte möglicherweise als eine Art pflegerischer Minimaldatensatz genutzt werden, um z.B. in der Diskussion um die Abbildung von Pflege im DRG-System wichtige Hinweise zu geben. Hierzu sind allerdings noch weiter gehende Forschungsarbeiten erforderlich.

In der Studie von Fiebig (2007, Download hier) wurde der SPI des ePA-AC mittels multinomial logistischer Regressionsanalyse auf seine Fähigkeit getestet, den Pflegeaufwand (gemessen mittels gruppierter LEP-Minuten) vorherzusagen. Je nach Modell konnten Pseudo-R²-Werte (Nagelkerke) zwischen 0,569 und 0,625 gemessen werden, die Trennkraft (McFadden-Test) wurde mit bis zu 0,320 angegeben. Der Zusammenhang zwischen Patientenzustand und Pflegeaufwand konnte nachgewiesen werden, wobei eine gute bis sehr gute Modellanpassung und –güte erzielt werden konnte (Fiebig 2007:54).

ePA-AC Version 1.1

Aus den Rückmeldungen der Anwender sowie durch weitere Forschungsarbeiten angeregt wurde das ePA-AC 1.0 im September 2008) um zwei weitere Items ("Übelkeit" und "Erschöpfung") erweitert. Mit diesen beiden neuen sowie einer Kombination bereits bestehender Items wird dann - ergänzt um die ärztliche Diagnsoe - ein neuer Triggerpunkt als Frühwarnsystem "Palliativ-Versorgung" zur Verfügung stehen. Dieser Triggerpunkt wird gemeinsam mit der Pflege und dem ärztlichen Dienst der Palliativstation der HSK, Dr. Horst Schmidt Klinik Wiesbaden klinisch getestet werden.

ePA-AC für Kinder

Gemeinsam mit dem Ostschweizer Kinderspital St. Gallen (basierend auf Vorarbeiten gemeinsam mit der Kinderklinik Amsterdamer Straße des Klinikums Köln) wurde im April und Mai 2009 getestet, bis auf welches Alter die derzeitige Altersgrenze von derzeit 10 Jahren für die Anwendung des ePA-AC gesenkt werden kann. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass das ePA-AC unverändert bereits bei 6-8-jährigen Kindern eingesetzt werden kann. Um die Altersgrenze noch weiter zu senken, sind bis 5 Jahre lediglich einige Modifikationen an der Operationalisierung (Beschreibung) der Items erforderlich. Für den Bereich 1-4 Jahre müssen auch konzeptionelle Veränderungen am ePA vorgenommen werden. Dies wird eine der wesentlichen Weiterentwicklungsaufgaben sein, die im Januar 2010 begonnen werden. Beteiligt an der Entwicklung sind neben dem OKS die Kinderspitäler der Uni Zürich, der KS Winterthur, Aarau, Basel, Biel und Luzern.

ePA-AC© in der Umsetzung

Mit Stand Oktober 2009 wird das ePA-AC© in folgenden Kliniken eingesetzt bzw. ist in Umsetzung:

Deutschland

  • HSK, Dr. Horst Schmidt Klinik
  • Klinikum der Stadt Köln, Klinikum Köln-Merheim & Klinikum Köln Holweide
  • Marienhospital Stuttgart
  • Bezirkskrankenhaus Bayreuth
  • Klinikum Aschaffenburg
  • Klinikum der Stadt Soest
  • Klinik Fränkische Schweiz, Ebermannstadt
  • St. Bonifatius Klinik, Lingen
  • Universitätsklinikum Essen
  • Städt. Krankenhaus Maria Hilf, Brilon

Schweiz

  • Kantonsspital Uri (Altdorf) (CH). Hierfür wurde das ePA© erstmalig mit LEP Nursing 3 verknüpft.
  • Spital Aarberg, Bern
  • Spital Ziegler, Bern
  • Spital Belp
  • Kantonsspital Winterthur
  • Spital Uster
  • Klinik Seeschau, Kreuzlingen
  • Aeskulap-Klinik, Brunnen
  • Spital STS AG Thun
  • Spital Zweisimmen
  • Spital Saanen
  • Klinik Erlenbach
  • Kantonsspital Laufen
  • Stiftung Claraspital AG, Basel
  • Rehabilitationszentrum Klinik Valens
  • Kantonsspital Laufen
  • Klinik Stephanshorn, St. Gallen
  • Klinik Adelheid, Unterägeri
  • Ostschweizer Kinderspital, St. Gallen


Kontakt zum ePA©-Entwicklerteam

zentrale Mailadresse:

Projektleitung:

Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen:

Studentische Mitarbeiterinnen:

  • Sabine de Bruijn
  • Ralph Möhler
  • Stefanie Sannemann


Literatur

  • Baumberger D, Hunstein D (2009): The Linkage of Nursing Assessment and Nursing Workload. In: Stud Health Technol Inform. Volume 146, p 36-40
  • Hunstein D (2009, im Druck): Das ergebnisorientierte PflegeAssessment AcuteCare (ePA-AC). In: Bartholomeyczik S, Halek M (2009): Assessmentinstrumente in der Pflege. 2. vollst. überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche
  • Sippel B (2007): Schulungskonzept zur Implementierung standardisierter Assessmentinstrumente (zum Download)
  • Fiebig M (2007): Zum Zusammenhang von Patientenzuständen und Pflegeaufwand - Vorschläge für empirisch abgesicherte (Patienten-)Fallgruppen. Diplomarbeit an der Evang. Fachhochschule Darmstadt. (zum Download)
  • große Schlarmann J (2007): Der CMS im ePA-AC - Verschiedene Qualitätsdimensionen eines Instruments. Eine empirische Analyse. Masterarbeit (MScN) an der Universität Witten/Herdecke. (gekürzte Fassung, 277kb.
  • Hunstein D, Dintelmann Y, Sippel B. (2005): Developing a screening instrument as a standardized assessment of signs and symptoms concerning basic nursing care needs in hospital nursing care. In: N Oud et al.: ACENDIO 2005 - Proceedings of the 5th European Conference of ACENDIO. Bern, Göttingen, Hans Huber: 396-402
  • Hunstein D, Fiebig M, Sippel B, Dintelmann Y (2007): Clinical testing of ePA-AC, a screening instrument to assess relevant signs and symptoms of nursing care dependency in acute care clinics. In: N Oud et al.: Proceedings of the 6th Conference of ACENDIO 2007, Amsterdam, NL. Oud Consultancy: 190-196

Weblinks

weiterführende Informationen auf der ePA©-Webseite


siehe auch

Podcast verfügbar

Podcast verfügbar!
Zu diesem Thema können Sie sich die Podcast-Sendung "Dirk Hunstein (2006): "Das ergebnisorientierte PflegeAssessment (ePA©)"" (mp3) anhören.

en:EPA-AC