Fehlerberichtssystem

Aus Familienwortschatz
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Beim Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) befindet sich seit 2007 ein anonymisiertes Fehlerberichtssystem - Lernen aus kritischen Ereignissen für alle Beschäftigten aus den Berufsfeldern der Altenpflege. Dort können aufgetretene oder drohende Pflegefehler und anderes Fehlverhalten gemeldet und gesammelt werden, die einem bei der professionellen pflegerischen Versorgung alter Menschen oder sonst durch das Personal gepflegte Menschen aufgefallen sind. Evtl. sind auch zweifelhafte Praktiken zu melden, damit sie von Dritten bewertet werden können (natürlich insbesondere dann, wenn man deren pflegerische Sinnhaftigkeit und Effektivität bezweifelt).

Im Prinzip könnten sich aber auch Privatpersonen (wie die Angehörigen oder die Patienten selbst) beteiligen. Der engl. Ausdruck für Fehlerberichtssystem lautet Critical Incident Reporting-System (Artikel dazu bei Wikipedia) (CIRS; unter dieser Überschrift gibt es weitere ähnliche Systeme z. B. für Ärzte und Krankenhäuser; Wortherkunft: critical incident = kritisches Ereignis/Zwischenfall); ein anderer Ausdruck ist Fehlervermeidungssystem.

Die Handhabung des Systems

Pflegende können in einem solchen Computerprogramm im Internet oder Intranet anonym - dass heißt, dass eine Rückverfolgung des Einsenders sicher ausgeschlossen werden kann - kritische Ereignisse aus der Praxis der Altenpflege an die (interessierte Fach-) Öffentlichkeit berichten.

Eine Redaktion prüft allerdings vor der online-Veröffentlichung, ob Berichte augenscheinlich mit der Absicht verfasst wurden, um Einzelnen oder die AltenpflegerInnen allgemein zu diffamieren oder zu schädigen. Das soll nötigenfalls durch eine Textüberarbeitung verhindert werden. Es findet dabei erforderlichenfalls eine inhaltliche Anonymisierung der Personen und Einrichtungen statt, um die es geht. Schließlich soll niemand (auch nicht unabsichtlich) seinen Arbeitsplatz oder den von anderen riskieren.

Damit werden wichtige Informationen über Pflegefehler, die sonst nur in einer Pflegeeinrichtung bekannt werden, vielen / allen interessierten Benutzerinnen und Benutzern des Systems (öffentliche Seiten der kda-Datenbank) zum daraus Lernen zur Verfügung gestellt. Danach kann darüber diskutiert und daraus gelernt werden. In anderen, auch Medizin-, Berufen gibt es solche Systeme bereits seit längerem.


Beispiele: Bis Oktober 2008 waren dort 246 Berichte eingegangen und online gestellt worden. Lesende hatten dazu 1385 Kommentare online abgegeben (die alle anderen lesen können). Weiteres siehe unter behandelte Themenbereiche.

Abgrenzung zu anderen Meldungen

Das System verfolgt als Zielsetzung nicht die Kundenbewertung oder die Vergabe von Qualitätsbeurteilungen von Pflegeheimen insgesamt.


Hinweis: Das System ersetzt nicht die evtl. erforderliche Strafanzeige, wenn eine strafbare Handlung beobachtet wurde!

Behandelte Themenbereiche

Von A bis Z gehen die Themen. Hier einige mehrfach erscheinende Themenbereiche:

  • Angehörige (21), Ansteckung (6), einzelne Arbeitsabläufe (18), Arbeitsbedingungen (43), Mängel beim Arbeitsschutz (8), Arbeitsunzufriedenheit (5), Aspiration (4), Aufsichtspflicht (11), Auszubildende / Schüler(-einsatz) (9), Dienstplan /Personaleinsatzplanung (15),

(Die Links sind auf der Website unter dem seltsamen Ausdruck Thesaurus, rechte Menüleiste, zu finden.)

Beispiele aus einem Monat

Diese Beispiele konnte man in nur einem Monat lesen, im Oktober 2008:

  • Verfangen im Bauchgurt
    • 20.10.2008 – Handlungsfeld: Sich bewegen
    • Eine Bewohnerin rutscht in einem Bauchgurt, mit dem sie im Bett fixiert ist, so weit nach unten, dass sie sich würgt.
  • Atemnot durch Lagerung
    • 17.10.2008 – Handlungsfeld: Sich bewegen
    • Eine Bewohnerin kippt aus der Seitenlage auf den Bauch und gerät in Atemnot.
  • Verzögerte Antibiotikatherapie
    • 15.10.2008 – Handlungsfeld: Medikamentengabe
    • Ein Bewohner, der vom Arzt Antibiotika verordnet bekommt, muss zwei Tage warten, bis das Medikament verfügbar ist.
  • Falsche Wundversorgung
    • 08.10.2008 – Handlungsfeld: Wundversorgung
    • Aufgrund einer falschen Wundversorgung kommt es bei einer Bewohnerin mit mehreren Ulcus cruris zu Wundinfektionen.
  • Injektion ohne Insulinampulle
    • 03.10.2008 – Handlungsfeld: Medikamentengabe
    • Eine Bewohnerin erhält eine Insulininjektion mit einem Pen, in dem keine Insulinampulle eingesetzt ist.
  • Verzögerte Reaktion auf Hypoxämie
    • 02.10.2008 – Handlungsfeld: Vitalfunktionen erhalten
    • Obwohl ein Bewohner an deutlichem Sauerstoffmangel leidet, vergehen zwei Tage, bis die Pflegekräfte eine Behandlung einleiten.
  • Beteiligung an Reparaturkosten
    • 01.10.2008 – Handlungsfeld: Geschäftsführung
    • Nach Unfällen mit Dienstfahrzeugen wird von den Pflegekräften, die die Fahrzeuge gefahren haben, eine finanzielle Beteiligung an den Reparaturkosten gefordert.
  • Ausschalten des Fernsehapparates
    • 30.09.2008 - Handlungsfeld: Schlafen und sich entspannen
    • Einem Bewohner wird um 22 Uhr der Fernsehapparat abgestellt und er wird ins Bett gebracht.

Literatur

Kann Anonymität gesichert werden?

Ein Problem dieses und ähnlicher Systeme ist die Frage, ob die Anonymität der Meldungen gesichert werden kann. Dieses KDA-System ist durch die Zwischenschaltung der Redaktion datentechnisch schon sehr sicher. Aber innerhalb einer kleinen Gruppe Beschäftigter, die den gleichen Kenntnisstand von einem Vorfall haben, ist es releativ einfach, sich auszurechnern, wer die Meldung gemacht haben könnte. Von daher sind solche Systeme vor allem dazu geeignet Aussenstehenden keine Information über den konkreten Arbeitsplatz zu geben - sie sind aber nicht in dem Sinne sicher, dass die/der Meldende sicher sein könnte, dass seine Vorgesetzte nicht gegen ihn vorgehen.

Siehe auch

Weblinks



Wikipedia-Logo.png vgl. Wikipedia: " Fehlerberichtssystem"




Wikipedia-Logo.png vgl. Wikipedia: " Pflegefehler"