Parodontitis: Nur ein bisschen Zahnfleischbluten?

Aus Familienwortschatz
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Parodontitis („-itis“ = Entzündung) bezeichnet man in der Medizin eine bakteriell bedingte entzündliche Erkrankung des Zahnfleisches, die unbehandelt zu einer Zerstörung des Zahnhalteapparates führen kann. Dagegen ist die Parodontose („-ose“ = ein atrophischer Prozess). Der Zahnbettschwund geht primär vom Knochen aus.

Gesunde Zähne und kein Mundgeruch sind nicht nur für die Optik gut. Wer seine Zähne richtig und gründlich (zweimal täglich) putzt, beugt vielen Erkrankungen vor. Das betrifft auch die Zahnzwischenräume, die mit Interdentalzahnbürsten oder Zahnseide einer Reinigung zugänglich sind. Zweimal jährlich sollte eine professionelle Zahnreinigung durch den Zahnarzt erfolgen. Besonders muss innerhalb einer stationären Behandlung bei gefährdeten Patienten an eine gute Mundhygiene gedacht werden. Schlechte Zahnpflege kann zur Parodontitis führen, diese erhöht das Risiko für viele entzündliche Erkrankungen des menschlichen Organismus.

Zahnärzte konstatieren: Schon junge Menschen sind von den Folgeschäden betroffen. Blutspuren beim Ausspülen nach dem Zähneputzen sind ein Alarmzeichen, zumal wenn das Zahnfleisch aufgequollen, weich und tief gerötet ist. Drei Viertel aller Deutschen über Vierzig haben eine Parodontitis.

Tatort Mundhöhle

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Mundgesundheit in einer engen Wechselwirkung mit der Gesundheit des gesamten menschlichen Organismus steht. Pathogene Mundkeime (Bakterien) werden nicht selten über die Blutbahn in andere Körperregionen transportiert, wo sie zu neuen Erkrankungen führen können. Es ist eine Tatsache, dass dort, wo es dunkel, warm und feucht ist, pathogene Keime besonders gut wachsen, so auch in der Mundhöhle (Vgl. Zähne und Gebiss).

Kaputte Zähne und Zahnfleischläsionen können zu Einfallstoren für Bakterien werden, von denen etwa 700 Arten bekannt sind. Durch eine mögliche hämatogene Streuung können sie sich in die Blutplättchen einkapseln und sind so vor den Angriffen des körpereigenen Immunsystems geschützt. Die Folgen: Thrombenbildungen (Thrombus) – das Risiko für Gefäßverschlüsse am Herzen und im Gehirn steigt. Eine Prophylaxe ist möglich!

Die Bakterien schicken Entzündungsboten in die Blutahn, es kommt zur Plaquebildung in den Gefäßen und im Endeffekt zum Gefäßverschluss. Rhythmusstörungen des Herzens und ischämische Attacken des Gehirns werden nicht selten beobachtet. Auch Chirurgen fürchten postoperative bakterielle Besiedlungen im Operationsfeld über diesen Weg. Pflegekräfte wissen von dieser Invasion im Mund, die man nur unter dem Mikroskop sieht.

Ursachen der Parodontitis

Hormonelle Veränderungen während der Schwangerschaft können zu Veränderungen des Zahnfleisches führen, das ist besonders riskant, wenn schon eine beginnende Parodontitis besteht. Hier besteht dann die Gefahr einer Exacerbation.

Schwangere mit Zahnbettentzündungen haben ein siebenfach erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt (Prof. Renggli, Schweiz).

Diabetiker (Diabetes mellitus) gehören zu den gefährdeten Personen. Sie sind durch eine Stoffwechselentgleisung gefährdet, die nur durch eine kausale Therapie der Parodontitis wieder reguliert werden kann. Der Zusammenhang zwischen Parodontalerkrankungen (Erkrankungen des Zahnhalteapparates) und Typ 2 Diabetes ist schon lange bekannt und gut dokumentiert. Erkrankungen des Zahnhalteapparates wurden bisher fast ausschließlich als pathologische Konsequenz eines Typ-2 - Diabetes betrachtet.

Genetische Faktoren: Etwa ein Viertel der Bevölkerung bekommt aufgrund genetischer Faktoren eine Parodontitis. Besonders gefährdet sind Raucher, denn sie erkranken wesentlich öfter als Nichtraucher. Pflegeanamnese!

Zahnbelag: Viele Herz-Kreislauf-Medikamente führen zur Mundtrockenheit (Pflegeproblem Mundtrockenheit) sowie zu lang anhaltenden Zahnfleischschwellungen. Diese begünstigen die Bildung von Zahnbelag, der eine weitere Ursache für die Entstehung einer Parodontitis sein kann.

Immundepression: Kommt noch eine Immundepression (Immunsystem) als Folge einer Erkrankung, nach extrakorporalen Therapieverfahren (Herz- Lungen – Maschine, Dialyse), bei medikamentöser Behandlung und vitalstoffarmer Ernährung hinzu, kann es zu Folgeerkrankungen auf der Grundlage der Taschenbildung des Zahnfleisches kommen.

Intensivpatienten: Bei Intensivpatienten (Intensivstation) sind die physiologischen Vorgänge häufig durch Nahrungskarrenz, Ernährung mit flüssiger Kost oder über Sonde beeinträchtigt. Oft ist die Abwehr geschwächt, die natürliche Mundflora durch Antibiotika gestört und die Speichelsekretion durch Medikamente beeinträchtigt.

Neueste Untersuchungen bestätigen, dass das Auftreten einer Parodontitis innerhalb eines Mangels an Vitalstoffen signifikant höher ist. Es gibt also eine Abhängigkeit vom Ernährungszustand und der Vollwertigkeit einer Ernährung. In der Gesundheits- und Krankenpflege ist diese Erkenntnis sicherlich nicht neu. Somit wäre auch der Verzicht auf die intravenöse Gabe von Vitaminen und Spurenelementen innerhalb einer parenteralen Ernährung neu zu überdenken.

Geschwächte Senioren haben ein stark erhöhtes Risiko bezüglich der Ausbildung einer Parodontitis.

Nicht selten ist es das geliebte Haustier (Hund) das selber eine Parodontitis haben kann und diese, bei engen Kontakten, durch Schmierinfektion auf den Menschen übertragen kann.

Pflegerische Maßnahmen

Es ist nötig, die „spezielle Mundpflege“ als prophylaktische Maßnahme gerade auch in der Intensivtherapie nicht zu vernachlässigen. Hier reichen die Maßnahmen der allgemeinen Mundpflege nicht aus:

  • Innerhalb der „Speziellen Mundpflege“ bei intubierten Patienten ist eine regelmäßige Cuffdruckkontrolle zur Vermeidung der stillen Aspiration, deren Folge pulmonale Infektionen wären, von entscheidender Bedeutung.
  • Regelmäßiges tiefes Absaugen, möglicht bis zu Cuff der Trachealkanüle bzw. des Endotrachealtubus ("Beatmungsschlauch") dient der Keimzahlverminderung und ebenfalls der Aspirationsprophylaxe. Dabei ist der Einsatz atraumatischer Absaugkatheter (Absaugen) von entscheidender Bedeutung. Denn zusätzliche Läsionen der Mund- und Rachenschleimhaut, führen zur hämatogenen (auf dem Blutwege) Einstreuung der dortigen Krankheitserreger. Suspekte Befunde müssen also saniert werden.
  • Trotzdem gerät die spezielle Mundpflege in der Hektik des Überlebenskampfes auf Intensivstationen in den Hintergrund. Es ist auch der Zeitmangel, welcher verschiedene Ursachen hat, der eine lege artis durchgeführte Versorgung der Patienten nicht zulässt.
  • Damit unsere Patienten keinen Schaden nehmen, ist daher auch aus pflegerischer Sicht zu fordern, dass mit der Ausnahme der Notoperationen, eine Parodontitis vor einem elektiven (nicht dringlichem) operativen (Operation) Eingriff zu sanieren ist. In Kliniken in denen die Zusammenarbeit zwischen Medizin und Pflege klappt, ist das eine Selbstverständlichkeit.

Siehe auch

Literatur

K.Wanka: Nur ein bisschen Zahnfleischbluten?,Heilberufe (Zeitschrift), 10. 2005

Fachinfos des DDZ

Diabetes heute ist ein Service des Deutschen Diabetes-Zentrums DDZ Düsseldorf. Die hier eingestellten Informationen werden dem Autor dieser Seite als Newsletter von dort zugänglich gmacht. Das DDZ wurde über die Verbreitung durch Link in PflegeWiki informiert. --Kurt 13:07, 7. Jul. 2010 (UTC)


  1. Fachinfo Diabetes Deitschland: Zahnfleischentzündung erhöht das Risiko für Diabetes:[1]


Bitte beachten Sie auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!