Pflegeproblem Mundtrockenheit

Aus Familienwortschatz
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Mundtrockenheit ist zunächst eine ärztliche Diagnose, sie wird ursächlich als Xerostomie oder Hyposalivation definiert. Es handelt sich dabei um eine subjektiv empfundene, oder objektiv (durch Speichelmessung) gesicherte Trockenheit der Mundschleimhaut (Speichelmenge von weniger als 0,1 ml/min). Sie tritt im Normalfall bei jüngeren Menschen nur kurzfristig auf, häufiger bei chronischer Krankheit, im Alter und nicht selten als Nebenwirkung einiger Arzneimittel. Der Speichel mit seinen Enzymen ist der natürliche Schutz der Zähne und des Zahnfleisches.

Multitalent Speichel

Der Speichel wird von der Ohrspeicheldrüse (Glandula parotidea), der Unterzungendrüse (Glandula sublingualis) und der Unterkieferspeicheldrüse (Glandula submandibularis) gebildet. Die tägliche Speichelmenge des Gesunden beträgt etwa 1.5 Liter. Selbst bei Nahrungskarenz ist eine geringe Ruhesekretion vorhanden. Nach Grötz hat der Speichel folgende Funktionen: Unterstützung der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, Entzündungshemmung (Antikörper und Muzin), Schutz vor Karies (Spülung, Reinigung, Remineralisation) und Schleimhautbefeuchtung für Prothetik und Sprechen.

Orale Inspektion

Während der Inspektion der Mundhöhle sehen Fachpflegekräfte eine stumpfe, trockene Oberfläche der Schleimhäute. Es fehlt der bei Gesunden vorhandene Flüssigkeitssee auf dem Mundboden. Auffällig sind atrophische Veränderungen der Zungenpapillen, Rissbildungen bzw. Fissurierungen der Epitheldecke. Gelegentlich kommt es zu ulzerierenden Mukosadefekten. Typisch sind auch die weichen Beläge aus Nahrungsrückständen.

Auf der Grundlage einer empfindlichen Störung des Gleichgewichts im Biotop der Mundhöhle entstehen bakterielle, virale und mykotische (meist candida-mykotische) Schleimhautinfektionen. Die Folgen können sein: Gingivitis und Parodontitis (seltener) Glossitis.

Während der Inspektion stößt man u.U. auf eine fehlende Nasenatmung. Dieser Umstand führt, durch die Ausschaltung der Nasenschleimhaut als Feuchtigkeitsspender, ebenfalls zu Mundtrockenheit bzw. verschlimmert eine bereits bestehende, wie auch ein exzessiver Kaffee und/oder Alkoholgenus. Man sollte „so nebenbei“ danach fragen.

Die pflegerische Sicht

Pflegende sehen nicht nur den Lokalbefund, sondern begreifen das Symptom Mundtrockenheit als ein ganzheitliches Geschehen auf der Grundlage eines versiegenden Speichelflusses unterschiedlicher Genese. Denn schon die Körperlage und die Tageszeit beeinflussen die Speichelmenge. Im Alter nimmt die Kapazität der Speicheldrüsen generell ab, man spricht dann von der Altersregression.

Dieser Umstand führt zur Verschlimmerung bereits bestehender Erkrankungen/ Probleme der Mundhöhle: Prothesenempfindlichkeit und eine erhöhte Kariesaktivität sind die Folgen. Schlucken, Kauen und Sprechen werden plötzlich zum Problem. Zahnfleisch- bzw. Zahnerkrankungen sind nicht selten und müssen gleichzeitig mit therapiert werden und bedürfen, fast immer, einer guten psychischen Führung der Patienten. Die trockene Mundschleimhaut verliert ihre Barrierefunktion gegenüber von Bakterien und Viren, das führt u.U. zur Häufung von Infekten im HNO-Bereich.

Je länger die Mundtrockenheit besteht, desto höher ist der Leidensdruck. Die Erkrankung wird zum Dauerthema, es kommt zu weiteren Beeinträchtigungen der Lebensqualität, denn. Unverständnisse im Umfeld und in den Familien sind vorprogrammiert. Nicht selten sind psychische Veränderungen, bis zum Rückzug (eigene Isolierung) zu beobachten. Pflegende wissen aus Erfahrung, dass Flüssigkeitsmangel auch zu psychischen Störungen führt. Typisch hierfür ist die Verwirrtheit alter Menschen.

Pflegerische Maßnahmen

Im Vordergrund stehen die ausreichende enterale Flüssigkeitssubstitution und die Minderung der belastenden Symptomatik durch lokale Maßnahmen (Spülen der Mundhöhle, Kaugummi, künstlicher Speichel) und der schnelle Ausgleich eines schon bestehenden Flüssigkeitsmangels. Wobei zu beachten wäre, dass alkoholische Mundspüllösungen kontraindiziert sind.

Bei stationären Patienten mit schwerer Krankheit, bzw. psychischer Beeinträchtigung, muss der Flüssigkeitsmangel auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung, parenteral (Infusion) ausgeglichen werden. Problematisch wäre ein zusätzlicher Flüssigkeitsmangel durch Schwitzen, Durchfall, Erbrechen , er verschärft das Problem drastisch.

Pflegefachkräfte verabreichen die Medikamente. Besteht der Verdacht, dass die Mundtrockenheit die Folge der Einnahme von Medikamenten ist, sollten diese, nach Rücksprache mit dem Arzt, abgesetzt werden.

Bei einer starken Mundtrockenheit, die auch durch einfache Mittel nicht verbessert werden kann, wird eine medikamentöse Therapie (zum Beispiel mit Pilocarpin, Nikotinamid) durchgeführt. Außerdem können künstliche Speichellösungen als Sprays oder Spülungen, die beispielsweise Carboxymethylcellulose enthalten, angewandt werden. Sehr bewährt hat sich der Einsatz eines Mundgels welches u.a. Sorbitol, Aloe Barbadensis Leaf Juice, Xanthan, Bisabolol und Lyozyme enthält. Mundspülungen mit Kamillentee lindern Reizzustände. Chemisch definierte Mundspüllösungen sind kontaindiziert. Manchmal bringen einfachste Mittel Linderung (Beispiel: Emser-Salz Pastillen).

Ist die Mundtrockenheit Begleitsymptom einer anderen Grunderkrankung, ist immer eine zielgerichtete Therapie dieser Erkrankung notwendig (Stratmann und Mokrys). In allen Fällen ist hier die Teamarbeit von Medizin und Pflege gefordert.

Bei Xerostomie kommt es gelegentlich zu zusätzlichen Erkrankungen, die pflegerisch mit versorgt, bzw. begleitet werden müssen, wie: Trockenheit der Nasenschleimhaut mit Schorfbildung und Nasenbluten, Geruchsstörungen und trockene Augen mit ihrer speziellen Symptomatik. Das Trockenheitsgefühl im Hals lässt jeden Brotkrümel zu Problem werden und führt nicht selten zum Husten. Die Hauttrockenheit ist das Symptom der Dehydration. Verdauungsstörungen zeigen ebenfalls auf das fehlende Medium Flüssigkeit.

Hinweise auf Mundtrockenheit in PflegeWiki

Schluckstörungen, Anticholinergikum, Mangelernährung, Angst, Antidepressiva, Furosemid, Selegilin, Cabaseril®, Fluoxetin, Hydrochlorothiazid, Soorprophylaxe, Spezielle Mundpflege, Neuroleptika, Atropin, Fentanylpflaster, Flüssigkeitssubstitution, Mundassessmentinstrumente, Mundhygiene, Parkinson – Medikamente: Haloperidol, Dronabinol.

Weiterführende Literatur

Dr. rer. cur. Thomas Gottschalk (Krankenpfleger): Heilberufe (Zeitschrift) PflegeKolleg:Pflegeproblem Mundtrockenheit

Teil1: Grundlagen der Mundtrockenheit, Heilberufe, 4 / 2007, 42- 44.

Teil 2: Warum und wann der Speichelfluss versiegt, Heilberufe, 5 / 2007, 42-44.

Teil 3: Pflege bei Mundtrockenheit, Heilberufe, 6 / 2007, 44 -45

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