Pulsmessung

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Pulsmessung
die durch Palpation von Arterien durchgeführte Untersuchung der Herzaktion durch Tasten des an peripheren Arterien fühlbaren Herzschlages.

Die Herzfrequenz wird häufig mit dem Puls gleichgesetzt. Das ist inhaltlich nicht ganz richtig, da die Herzfrequenz nur ein Teilaspekt des Pulses ist. Der Puls gibt Aufschluss über die Häufigkeit des Herzschlages, seine Regelmäßigkeit, die Druckanstiegsgeschwindigkeit in den herznahen Gefäßen während der Systole, den absoluten Druck, die Weiterleitung der Druckwelle bis in die Peripherie und das Füllungsvolumen der peripheren Gefäße.

Indikationen

Gemessen wird bei der Aufnahme des Patienten; danach entsprechend seinem Gesundheitszustand in regelmäßigen Zeitabständen (Häufig in Verbindung mit der Messung der Körpertemperatur). Oder bei Bedarf.

Eine engmaschige Überwachung ist z.B. bei

  • medikamentöser Therapie
  • Veränderungen des Zustandes des Patienten. (z. B. postoperativ, Blutungen, Schock)

nötig.

Durchführung

  • Pulsuhr zur Hand haben, eine Uhr mit Sekundenzeiger ist auch brauchbar.
  • Den Patienten/Bewohner informieren.
  • Wenn möglich immer zur selben Zeit, in der selben Lage messen.
  • Wichtig ist auch, immer an der selben Stelle den Puls zu tasten. Ist dies nicht möglich, sollte es dokumentiert werden.
  • Die gewählte Arterie ist dann mit sanftem Druck Körperseits zu tasten. Vorsicht bei der A. carotis und der A.femoralis!
  • Den Druck auf die Arterie nicht mit dem eigenen Daumen ausführen, da dann oftmals auch der eigene Puls wahrgenommen wird.
  • Es werden dann die spürbaren Impulse pro Minute gezählt (bzw. errechnet).
  • Die Zählung beginnt mit "Null".
  • Üblicherweise wird die Messung über einen Zeitraum von 15 Sekunden durchgeführt und die gezählten Impulse mit vier multipliziert.
    • z.B. 18 Impulse über 15 Sekunden ermittelt ergibt einen Puls von 72 Schlägen pro Minute (18x4=72)
  • Ist eine absolute Arrhythmie bekannt oder die Pulsfrequenz nicht eindeutig feststellbar, muss über einen Zeitraum von 60 Sekunden gemessen werden. Die Impulse werden natürlich nicht mehr multipliziert. (sogenanntes Auszählen). Bei Erstaufnahme empfiehlt sich auch das Auszählen um eine eventuelle Arrhythmie oder Extrasystole festzustellen.

Elektronische bzw. kontinuierliche Messung (Monitoring oder per Pulsoxymeter ist qualitativ besser. Wird aber von PatientInnen manchmal aber als Bedrohlich wahrgenommen. Bei einer Monitorüberwachung sollte man also die Alarmgrenzen realistisch einstellen und, wenn möglich, die Lautstärke des Alarmtones und/oder des Kontrolltones im Zimmer reduzieren.

Lokalisation

Den Puls kann man an den Stellen gut fühlen, an denen eine Arterie oberflächlich verläuft und gegen eine harte Unterlage (Knochen oder Muskel) gepreßt werden kann. Bei oberflächlich liegenden arteriellen Gefäßen ist die Pulswelle manchmal durch die sich rhythmisch hebende und zurückfallende Haut zu sehen (z.B. an den Schläfen oder am Handgelenk. Die Lokalisation (das Auffinden) der Arterien nach Häufigkeit der Messung:

  • A. radialis - Speichenarterie
  • A. temporalis superficialis - Schläfenarterie
  • A. carotis - Halsarterie
  • A. femoralis - Leistenarterie
  • A. poplitea - Kniekehlenarterie
  • A. dorsalis pedis - Fußrückenarterie
  • A. tibialis posterior - Innenknöchelarterie
  • Apexpuls - Brustkorb, über der Herzspitze (auch als Herzspitzenstoß bezeichnet)
  • Aorta abdominalis - Bauchschlagader (nur bei weicher, entspannter Bauchdecke)

Die A. radialis wird als häufigste Meßstelle benutzt: Mit zwei oder drei Fingerkuppen an der Daumenaußenseite entlangfahren in Richtung Unterarm. Noch vor der Speiche ist ein kleines Tal tastbar, das weiterverfolgt wird. Wenn sich der Unterarm im rechten Winkel zur Unterlage befindet, dann ist dieses "Tal" mehr an der Innenseite als an der Oberkante der gut fühlbaren Speichenkante. Um diese Kante herum dem Tal langsam weiter folgen! Die letzte Fingerkuppe bleibt an dieser Knochenkante liegen. Der Puls sollte nun sicher fühlbar sein. Evtl. nur mit einer Fingerkuppe, besser mit zwei.

Beim Säugling wird lediglich die Herzfrequenz gemessen, da periphere Pulse und die A.carotis schwerer tastbar sind.

Im Notfall ist die A. carotis am verläßlichsten tastbar, da sie meist auch bei zentralisiertem Kreislauf noch nachweisbar ist!

Merkmale

Die wichtigsten Merkmale des Pulses sind:

Frequenz

Die Frequenz bezeichnet die Geschwindigkeit des Herzschlages, also die Anzahl der Schläge pro Minute. Normwerte für die Frequenz:

  • Erwachsene: 60-80 Schläge pro Minute
  • Jugendliche: 80-100 Schläge pro Minute
  • Kinder: 100-120 Schläge pro Minute
  • Embryos: 160-180 Schläge pro Minute

Bei einer Pulserhöhung auf über 100 Schläge pro Minute spricht man von einer Tachykardie, bei einer Verringerung unter 60 Schläge pro Minute von einer Bradykardie. Ist kein Puls zu fühlen (CAVE: mehrere Palpationsorte probieren!) spricht man von einer Asystolie.

Man spricht auch von einer Minuten-Frequenz von 80 (Bsp.). Manchmal ist der peripher getastete Puls langsamer als die Herzfrequenz im EKG. Das hängt mit früh einfallenden Extraschlägen zusammen, die zu einer mechanisch unwirksamen Herzaktion führen. Man spricht dann von einem Pulsdefizit.

Der Ruhepuls eines Ausdauersportlers ist deutlich niedriger - er beträgt oft nur zwischen 32 und 40 Schlägen pro Minute. Seltener ist ein Ruhepuls von weniger als 30 Schlägen pro Minute. Das Herz dieser Sportler ist deutlich vergrößert. Die pro Herzschlag ausgeworfene Blutmenge ist dadurch mindestens so hoch wie bei Otto Normalo. Auch das Lungenvolumen ist beim Sportler ebenfalls häufig höher als bei untrainierten Personen, bei denen ein Puls unter 50 Schlägen pro Minute bereits pathologisch sein kann.

Rhythmus

Der Rhythmus beschreibt die Gleichmässigkeit des Pulses. Normalerweise folgen zwei Pulsschläge immer in gleichen Zeitabständen. Sind die Abstände zwischen zwei Pulsschlägen unterschiedlich, spricht man von einer Arrhythmie. Es werden folgende Arrhythmien unterschieden:

  • Extrasystolen: ausserhalb des regulären Grundrhythmusses auftretende Schläge
  • Extrasystole mit kompensatorischer Pause
  • Interponierte Extrasystolen: Extrasystole ohne Kompensatorische Pause. Bei nervösen Menschen oder Rauchern auftretende Pulsschläge zwischen den normalen Pulsschlägen.
  • Bigeminus: Auch "Zwillingspuls". Auf jeden normalen Herzschlag folgt eine Extrasystole.
  • Respiratorische Arrhythmie: Der Pulsschlag wird bei der Einatmung schneller und bei der Ausatmung wieder langsamer.
  • Absolute Arrhythmie: Ein tastbarer, aber komplett arrhythmuscher Puls.

Qualität

Durch Tasten, also durch einen leichten Widerstand, wird die Pulswelle, die vom Herzen ausgeht, ermittelt. Ihre Qualität wird durch Füllungszustand und Spannung der Arterien bestimmt. Die Beurteilung der Pulsqualität erfordert berufliche Erfahrung. Beim Gesunden ist der Puls weich und gut gefüllt. Einen harten Puls findet man z.B. bei hohem Blutdruck.

Ist das Herzschlagvolumen kleiner, weil entweder zu wenig Blut vorhanden ist (große Blutung, Schock) oder der Herzmuskel immer schwächer wird (Herzmuskelerkrankungen), fühlt sich das pulsierende Gefäß schwach an. Dann spricht man von einem weichen oder auch fadenförmigen Puls.

Siehe auch: