Pflege einer Wöchnerin

Aus Familienwortschatz
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Das Wochenbett beginnt mit der vollständigen Geburt der Plazenta.

Wochenbett

  • Beginn mit vollständiger Geburt der Plazenta
  • Ende des Wochenbettes, wenn Körperveränderungen (Rückbildungen) abgeschlossen sind
  • Dauer ca. 6 - 8 Wochen
  • Rückbildung fast aller Veränderungen, die in der Schwangerschaft und unter der Geburt entstanden sind
  • Laktation kommt in Gang (Milchproduktion/-ausschüttung)
  • Normalisierung der Psyche, wenn Ovarialtätigkeit wieder aufgenommen ist


Übernahme der Wöchnerin aus dem Kreißsaal

Übergabegespräch

Im Übergabegespräch informieren sich die Pflegekräfte der Entbindungsstation über:

  • Verlauf der Geburt und der Postplazentarperiode
  • Höhe des Blutverlustes
  • Art der Schmerzausschaltung [ PDA, Pudendusblock (Schmerzausschaltung im äußeren weichen Geburtskanal und Vulva - Damm - Region)]
  • Verabreichung von Medikamenten (ja/nein, welche?)
  • Durchführung einer Episiotomie (Dammschnitt) (ja/nein?)
  • Ermittelte Werte bei Vitalzeichenkontrolle
  • Psychischen Zustand der Wöchnerin
  • Erstes Aufstehen (ja/nein, wann?, Komplikationen)
  • Erste Mahlzeit (ab wann darf die Frau essen?)
  • Blasenentleerung (ja/nein, spontan oder nach Katheterisierung?, wann?, wie viel?)
  • Gesundheitszustand des Kindes (musste es in eine externe Kinderklinik oder auf die Intensivstation verlegt werden?)
  • Geschlecht des Kindes
  • Beziehung zwischen Mutter und Kind (Wunschkind?, Freigabe zur Adoption?)
  • Geplante Maßnahmen für Mutter oder Kind (z.B. Sterilisation der Mutter, orthopädisches Konsil beim Kind?)
  • Bezugsperson (Partner?, Freund?, Eltern?)

Ankunft auf Station

  • Gratulation der Mutter
  • Vorstellung von Mitpatientinnen auf dem Zimmer
  • Ausruhen der Wöchnerin von der Geburt
  • Geht es der Wöchnerin so gut, dass sie ihr Kind versorgen kann, Nachfrage nach den Wünschen der Unterbringung des Kindes (Rooming-in, Rooming-out oder Teilzeit-Rooming-in )

Beobachtung der Wöchnerin

  • Beobachtung auf Nachblutungen
  • häufige Vitalzeichenkontrolle (Puls, Blutdruck, Atmung)
  • Messen der Körpertemperatur (mindestens 2 Mal tgl.)
  • Beobachtung der Blasenentleerung (1.Miktion 4 Std. nach der Geburt, oft Blasenentleerungsstörung bis zur Harnverhaltung)
  • Urinausscheidungskontrolle (erhöhte Harnausscheidung)
  • Beurteilung des Fundusstandes (nach der Geburt in Nabelhöhe, er sinkt jeden Tag um ca. eine Fingerbreite, am 10. Tag in Symphysenhöhe)
  • Gewichtskontrolle (Gewichtsabnahme etwa 3-5 kg in der ersten Woche nach der Geburt)
  • Beobachtung des Lochialsekretes:
    • 1. Woche: blutige Lochien (Lochia rubra)
    • 2. Woche: braunrote Lochien (Lochia fuscia)
    • Ende der 2. Woche: gelbliche Lochien (Lochia flava)
    • 3. Woche: entfärbte Lochien (Lochia alba)
    • Geruch ist süßlich fade
    • Lochienmenge insgesamt 400- 1200ml, nimmt ständig ab, nach 4-6 Wochen versiegen sie
  • Beobachtung der Nachwehen (schmerzhafte Uteruskontraktionen)
  • Temperatur, Puls, RR zunächst 6stdl., dann 2 x tägl., 2 x tägl., 1 x tägl.
  • Fundusstand zunächst 3 - 6stdl. kontrollieren, dann 1 x tägl.
  • Lochien zunächst 3- 6stdl. beobachten, dann 1 x tägl.
  • Brust/Laktation vor, während und nach jedem Stillen inspizieren (fällt oft in den Aufgabenbereich der Kinder- o. Säuglingsschwestern)
  • Miktion: Auf ersten Spontanharn spät.6 std. p.p.( post partum = nach der Geburt) achten, 1 mal tägl. nachfragen (bei Problemen entsprechend häufiger)
  • Defäkation: Auf erste Defäkation spätestens 24 Std. p.p. achten. Ggf. abführende Maßnahmen durchführen (Arztanordnung und Stationsinterne Richtlinien beachten) 1 x tägl. nachfragen (bei abführenden Maßnahmen ggf. öfter)
  • Psychischer Zustand: Bei jeder Begegnung auf depressiver Verstimmungen oder Wochenbettpsychose achten
  • Blutgruppe der Mutter im Mutterpass überprüfen. Bei rh-negativer Frau und Rh-positivem Kind innerhalb 24 Std. p.p. RH-Prophylaxe durchführen

Hygienemaßnahmen auf der Entbindungsstation

  • Ganze Station peinlich sauber halten
  • Keine Infektionskranken auf der Station pflegen. Patientinnen mit entsprechenden Erkrankungen verlegen
  • Wegen der in Erde allgegenwärtigen Tetanuserreger keine Topfpflanzen auf Station erlauben
  • Abfalleimer mehrmals täglich leeren
  • Besucher nicht auf Betten sitzen lassen (Mütter legen ihre Kinder oft dort ab)
  • Für saubere Bettwäsche sorgen. Die Betten aber nicht während der Still- und Abpumpzeit richten
  • Vor jedem Kontakt mit dem Kind oder mit der Brust die Hände desinfizieren

Pflege einer Wöchnerin

  • Einhaltung hygienischer Maßnahmen
  • gebrauchte Vorlagen mit Einmalhandschuhen wegnehmen (Lochien sind keimbesiedelt, HIV Infektion!)
  • Beobachtung der Lochien auf Farbe, Geruch und Menge
  • sorgfältige Säuberung der äußeren Genitale (Abspülen mit Wasser 2 mal täglich von zentral nach dorsal)
  • all 2 bis 4 Stunden Binden wechseln
  • Pflege der Dammnaht (Abspülen, evtl. Sitzbäder; Salbenauflagen; evtl. Verabreichung von Antiphlogistika oder Analgetika)
  • Anregung der Miktion (zwei bis 3 Liter/täglich trinken)
  • Darmregulierung (bei Dammverletzungen täglich z.B. Paraffinöl anbieten, ansonsten 1. Stuhlgang am 3.postnatalen Tag)
  • Antithrombosestrümpfe anziehen
  • frühzeitiges Aufstehen und Aktivieren
  • Wochenbettgymnastik; Atemübungen; Zirkulationsfördernde Übungen; Training des Beckenbodens -und Bauchmuskulatur (Beginn am 2.Tag nach der Geburt; über sechs Monate konsequente Fortführung wird empfohlen)
  • Verabreichung von wehen -und kontraktionsfördernden Medikamenten nur bei pathologischem Verlauf
  • Ernährung: ausgewogene, eiweißreiche, calciumreiche Kost; Stillende sollten sich gleich ernähren wie während der Schwangerschaft, Stichwort "alles im Maß".
  • psychische Betreuung: die Wöchnerin bedarf einer behutsamen und verständnisvollen Betreuung; sie ist psychisch sehr labil; es kann zu erheblichen Stimmungsschwankungen von Euphorie bis zu mehr oder weniger ausgeprägten Depressionen kommen, sogenannte Heul- oder Weltschmerztage. Es kann sich auch eine Wochenbettpsychose entwickeln: Symptome sind Verwirrtheit, Desorientiertheit, Unruhe, Stupor.


Körperpflege

  • 1.Tag post partum: Ganzköperwaschung am Waschbecken oder bei guten Kreislaufverhältnissen duschen lassen
  • ab 2.Tag p.p. kann die Frau wieder duschen, Vollbäder sind aber nicht erlaubt, da eine Verunreinigung der Brust mit dem Lochialsekret wegen der Gefahr einer Brustinfektion oder Infektionen des Neugeborenen unbedingt zu vermeiden ist
  • Getrennte Waschlappen und Handtücher für Brust und Genitalregion verwenden, Genitalregion zuletzt reinigen
  • Genitalspülung 2 mal tgl. und nach jedem Toilettengang durchführen, nach vollständiger Mobilisation über dem Bidet
  • Patientin zu sorgfältigem Händewaschen und zur Händedesinfektion nach jedem Toilettengang sowie vor dem Stillen und jedem Kontakt mit ihrem Baby anhalten
  • Brust einmal tgl. mit Wasser ohne Seife waschen. Die Mutter soll einen gutsitzenden baumwollenen Still- BH tragen und die Stilleinlagen regelmäßig wechseln, um die Brüste trocken zu halten. Brustwarzen mind. einmal täglich mit etwas Muttermilch einreiben und an der Luft trocknen lassen.
  • Wöchnerin darauf vorbereiten, dass es wahrscheinlich einige Wochen nach der Geburt zu vermehrten Haarausfall kommen wird; dieser ist durch die hormonelle Umstellung bedingt und bildet sich in der Folgezeit fast immer wieder zurück.
  • Die Frau sollte während dieser Zeit mit der Haarpflege vorsichtig sein.


Prophylaxen

Genitale Komplikationen im Wochenbett

  • verzögerte Rückbildung des Uterus
  • Lochialstauung
  • Blutungen
  • Puerperalfieber (Wochenbettinfektion, die von den Genitalorganen ausgehen)
  • Ulkus puerperale (Infektion der Scheiden- oder Dammwunde)
  • Endometritis puerperalis (Infektion der Uterusinnenfläche)
  • Adnexitis puerperalis (lymphogener Erregerübertritt in das seitliche Beckenbinde-gewebe
  • Peritonitis puerperalis (diffuse Bauchfellentzündung)
  • Sepsis puerperalis (generale Form des Kindbettfiebers)

Beratung vor der Entlassung

Treten keine Komplikationen auf, werden Mutter und Kind nach einer vaginalen Entbindung am 3. Tag post partum, nach einer Sectio caesarea (Kaiserschnitt)am 5.-6. Tag entlassen. In einem abschließenden Betreuungsgespräch (meist vor oder nach der gynäkologischen Abschlussuntersuchung )werden folgende Punkte angeschnitten:

Nachsorge von Mutter und Kind

Die Mutter soll wissen, dass die Hebamme sie auf Wunsch auch daheim besucht. Pflegende können den ersten Termin mit der Hebamme vereinbaren.

  • Hygiene:Der Säugling darf weiterhin nicht mit Lochien in Berührung kommen.

Nach heutigen Erkenntnissen darf die Mutter auch im Wochenbett baden. Die Lochien sind nicht infektiöser, als andere Körperausscheidungen.

  • Menstruation: 1.Menstruation ist bei nicht stillenden Wöchnerinnen nach 5 -10 Wochen zu erwarten, bei stillenden ist eine Vorhersage nicht möglich
  • Geschlechtsverkehr: Geschlechtsverkehr ist nach versiegen der Lochien wieder erlaubt ( vorher nur mit Kondom), vorher besteht die Gefahr von Infektionen und Wundheilungsstörungen nach Episiotomie oder Dammriss. Die Wöchnerin sollte aber unbedingt Empfängnisverhütende Maßnahmen anwenden, wenn sie vor erneuter Schwangerschaft sicher sein will, da auch volles Stillen keinen sicheren Schutz vor einer Empfängnis bietet.
  • Nächste gynäkologische Untersuchung: bei keinen besonderen Beschwerden in 4 bis 6 Wochen bei einem Gynäkologen, bei Beschwerden (v.a. Fieber, Unterbauchschmerzen, erneut blutige Lochien, Brustschmerzen - oder Rötung) sofort.
  • Weitere Schwangerschaften: nach normaler vaginaler Entbindung wird der Frau empfohlen, mit einer weiteren Schwangerschaft noch ein halbes Jahr zu warten, nach einer Sectio caesarea ein Jahr
  • Früherkennungsuntersuchung des Kindes: Mutter wird auf die U3 in der 4. -6. Lebenswoche aufmerksam gemacht, für die sie einen Termin beim Kinderarzt braucht. Die U2 am 3.- 10.Lebenstag, sowie die Screening - Untersuchungen im Blut werden im Krankenhaus durchgeführt

siehe auch

postnatale Fürsorge