Heilkundeübertragungsrichtlinie: Ausgebildete Pflegekräfte sollen unter Aufsicht ärztlich tätig werden

Aus Familienwortschatz
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Das Modellvorhaben

Durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz wurde 2008 den Krankenkassen in § 63 Abs. 1 SGB V die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen von Modellvorhaben die Übertragung von Tätigkeiten, die bisher von Ärzten durchgeführt wurden, auf Pflegefachkräfte zu erproben. Die selbstständige Ausübung von Heilkunde durch die Gesundheits- und Krankenpflege-, die Kinderkrankenpflege- und die Altenpflegeberufe unterscheidet sich von der Substitution und Delegation. Bei welchen ärztlichen Tätigkeiten eine Übertragung von Heilkunde auf die Angehörigen der Kranken- und Altenpflegeberufe im Rahmen von Modellvorhaben erfolgen kann, legt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in einer Richtlinie nach § 63 Abs. 3c SGB V fest

Der G-BA hat die Übertragbarkeit ärztlicher Tätigkeiten im März 2011 beraten und am 20. Oktober 2011 eine solche Richtlinie mit einem Katalog ärztlicher Tätigkeiten beschlossen, die in Modellvorhaben auf Angehörige der Pflegeberufe zur selbständigen Ausübung der Heilkunde übertragen werden können. Die Richtlinie wird nach Prüfung durch das Gesundheitsministerium (soweit keine Beanstandungen erfolgen) veröffentlicht werden und in Kraft treten. Beispiele für eine selbständige Ausübung von Heilkunde sind etwa spezifische Infusionstherapien, Wund- oder Schmerztherapie durch Kranken- und Altenpfleger.

Die Diagnose und deren Überprüfung sowie die Indikationsstellung für bisher ausschließlich ärztliche Behandlungsmaßnahmen sollen in ärztlicher Verantwortung bleiben. Die auf dieser Grundlage durchzuführenden Behandlungsmaßnahmen sollen in dem Modellvorhaben aber unter Verantwortung von ergänzend qualifizierten Angehörigen der Pflegeberufe erfolgen[1].

"Die Richtlinie wird einerseits als Konkurrenz zu den Ärzten und andererseits als Lösungsweg zur Bekämpfung des Ärztemangels betrachtet und spaltet dementsprechend die Gemüter." [2]

Gesetzliche Grundlage

Die Gesetzliche Grundlage ist der vom Gesetzgeber 2008 verabschiedete § 63 Abs. 3c SGB V. Medizinische Fachangestellte sind in diese Richtlinie nicht integriert. Daher bleibt somit der ambulante Sektor von dieser Richtlinie ausgenommen.

Die Schwerpunkte

„Innerhalb der Heilkundeübertragungsrichtlinie, übernehmen Pflegekräfte im Rahmen von definierten Behandlungsstandards und der entsprechenden Leitlinien Aufgaben, die in hohem Maße eigenverantwortliches Entscheiden und Handeln erfordern.“ [3] Vorgesehen ist laut einer Vorschlagsliste die Übernahme folgender Tätigkeiten durch Pflegefachkräfte:

  1. Neun Infusionstherapien,
  2. fünf Wundtherapien und Regelungen zur Verordnung von Medizinprodukten und Pflegehilfsmitteln,
  3. die Anus praeter -Versorgung ,
  4. der Wechsel von Trachealkanülen und das Tracheostomamanagement ,
  5. das Anlegen von Magensonden und transurethalen Blasenkathetern,
  6. Aufgaben innerhalb der Ernährung,
  7. Schmerz- und Case-Management.
  8. und die die psychosoziale Betreuung. .“ [4]
  9. Pflegekräfte sollen auch eigenständig Heil- und Hilfsmittel verordnen und Patienten überweisen dürfen. Dazu soll es eigene Vordrucke geben, um Verwechslungen mit Rezepten und Überweisungsformularen auszuschließen. [5]

Der Deutsche Pflegerat

Der Deutsche Pflegerat legt Wert auf die Feststellung, dass sich die Diskussion um die Neuverteilung von Aufgaben an den Interessen und Erwartungen der Bürger zu orientieren habe. [6]

Beispiel Intensivpflege und Anästhesie

Fachpflegekräfte für Intensivpflege und Anästhesie, die durch eine anspruchsvolle Weiterbildung zur Teamarbeit in den Fachgebieten Intensivmedizin und Anästhesie ausgebildet und befähigt wurden, kennen diese Verfahrensweisen schon lange. Damit dürfte auch klar sein, dass sich die Ausbildunginhalte in der Gesundheits- und Krankenpfleger/in ändern müssen.

Erste Ansätze

Ein erster Ansatz zur speziellen Weiterbildung im Bereich der Hilfsmittelversorgung bietet die Weiterbildung "Hilfsmittelexperte" an der Privaten Unviversität Witten/Herdecke (siehe http://www.hilfsmittelexperte.de ) Ein weiterer Ansatz sind die nach DIN ISO 17024 akkreditierten Qualifizierungen, wie zum Beispiel der akkreditierte Wundtherapeut der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung e. V. (siehe http://www.dgfw-akademie.de)

Was daraus wurde

Nach dreijähriger Beratung hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) 2011 einstimmig eine Richtlinie verabschiedet, mit der in Modellprojekten künftig heilkundliche Tätigkeiten von speziell ausgebildeten Pflegekräften durchgeführt werden können. Im Rahmen eines Therapieplans kann ein Arzt genau definierte Aufgaben an eine Pflegekraft übertragen, die diese dann selbstverantwortlich ausübt [7]

Interne Links zum Begriff Teamwork in Medizin und Pflege

Externe Links

  1. "Die Rede ist von selbstständiger Ausübung von Heilkunde". Hier die online Version aus HEILBERUFE: [1]
  2. Auf "Intensiv" leben Ärzte und Pflegekräfte schon zusammen Ärzte und Pflegekräfte leben auf unterschiedlichen Planeten, lautet eine oft wiederholte These. Sind es vielleicht nur ihre Funktionäre? Das wurde beim Hauptstadtkongress laut nachgefragt. Der ganze Artikel: [2]

Quellen

  1. Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses von 20. Oktober 2011
  2. RAin Habermehl: Substitution ärztlicher Leistungen- Die Lösung für den Ärztemangel? Medizinrecht – Klinikrecht – Apothekenrecht, 5.11.2011
  3. HEILBERUFE, Richtlinie beraten. Heft 4/2011, 9
  4. HEILBERUFE, Richtlinie beraten. Heft 4/2011, 9
  5. http://www.medizinrecht-blog.de/2011/04/05/substitution-arztlicher-leistungen-die-losung-fur-den-arztemangel/
  6. HEILBERUFE, Richtlinie beraten. Heft 4/2011, 9
  7. http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/47786/In_Modellversuchen_wird_Uebertragung_aerztlicher_Taetigkeiten_an_Pflegekraefte_moeglich.htm