Versorgung eines Verstorbenen

Aus Familienwortschatz
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Was ist zu tun, wenn ein Patient / Bewohner leblos aufgefunden wird?

Erste Maßnahmen

Falls der Patient verfügt hat, dass keine weiteren Maßnahmen wie z.B. eine Reanimation durchzuführen sind, oder aber der Patient bereits sichere Todeszeichen zeigt:

  • Vitalzeichen kontrollieren (Blutdruck, Puls, Atmung, Pupillenreflex)
  • Arzt informieren (je nach Absprache und Uhrzeit Hausarzt oder Notdienstzentrale)
  • Angehörige informieren (nach Absprache auch nachts) - da das Überbringen schlechter Nachrichten unangemessen heftige Reaktionen auslösen kann (Schuldzuweisungen), ist es hilfreich, den Angehörigen es selbst aussprechen zu lassen, indem er zuerst gefragt wird, ob er sich denken kann, weshalb er angerufen wird.
  • Papiere für Arzt vorbereiten (Personalausweis, Krankenversicherungskarte, Dokumentation)
  • Abwarten, bis der Arzt den Tod bescheinigt hat (Totenschein). Vorher dürfen keine weiteren Maßnahmen durchgeführt werden (wie z.B. Waschen, Lagern, Ankleiden , Benachrichtigung des Bestatters).

Die Versorgung des Verstorbenen

  • Das Waschen des Verstorbenen wird von Haus zu Haus unterschiedlich gehandhabt - ist aber auch ein Zeichen von Respekt und wird von nicht wenigen Pflegenden als wichtig für sich selbst empfunden. Ein verstorbener Patient/Bewohner ist auf jeden Fall auf dieselbe Art zu versorgen wie ein lebender oder komatöser Patient/Bewohner.
    • Es wird angeklopft, wenn man das Zimmer betritt.
    • Der Patient/Bewohner wird mit seinem Namen angesprochen.
    • Alle Handlungen werden angekündigt.
  • Angehörige können auf Wunsch in die Versorgung miteinbezogen werden. Allerdings ist bei großer Verschmutzung davon abzuraten, z.B. nach Koterbrechen oder nach starken Blutungen. Bei Infektiosität des Verstobenen sind die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen unbedingt zu beachten, auch im Verdachtsfall.
  • Entfernen von pflegerischen und/oder persönlichen Hilfsmitteln (z.B. Pflaster, Hörgerät). Operativ angelegte Hilfsmittel (z.B. suprapubischer Katheter oder PEG) werden nicht entfernt.
    • Das Entfernen von Kathetern (zentrale oder periphere Zugänge, Tubus etc.) ist zu unterlassen, da für den Fall einer Obduktion der Körper des Verstorbenen nicht verändert werden soll/darf. Ein Katheter kann verschlossen werden, genauso wie venöse oder arterielle Zugänge. Ausnahme: wenn es vom Arzt schriftlich angeordnet ist.
  • Zahnprothese reinigen und wieder einsetzen; frische, geschlossene Inkontinenz-Schutzhose anlegen
  • Kleidung nach Wünschen und Gewohnheiten des Menschen wählen oder die Angehörigen miteinbeziehen, aber darauf hinweisen, dass der Verstorbene nicht zu warm angekleidet oder bedeckt wird, damit er rasch auskühlen kann (bei großer Hitze sollte ein Klimagerät im Zimmer aufgestellt werden)
  • Schmuck, insbesondere Fingerringe, vorsichtig entfernen und den Angehörigen übergeben. Im Zweifelsfalle die Angehörigen miteinbeziehen.
  • Unterkiefer des Verstorbenen möglichst nicht hochbinden, sondern mit einer Handtuchrolle oder Kinnstütze den Mund schliessen.
  • Hände nicht "routinemäßig" falten, bei diesbezüglicher Unsicherheit die Hände nur übereinanderlegen. Das Falten der Hände führt bei der Versorgung durch den Bestatter zu grossen Problemen, wenn dieser die Hände auseinander legen möchte und/oder den Verstorbenen einkleiden möchte.
  • Blumen oder einen (kleinen) Gegenstand, der dem Verstorbenen vertraut und wichtig war, auf den Nachtschrank oder auf das Bett/in die Hände legen (dabei die Angehörigen miteinbeziehen)
  • Gebete sprechen (z.B. „Vater Unser“, je nach Glauben des Bewohners)

Der Raum

Nach Möglichkeit sollte der Verstorbene in "seinem" Zimmer bleiben, auch nachdem der Arzt zur Todesfeststellung erschienen ist.

  • Im Zimmer für Ordnung sorgen: Pflegehilfsmittel (Toilettenstuhl, Sondenkostpumpe/-ständer, Absauggerät, usw.) aus dem Zimmer entfernen, Sitzmöglichkeiten schaffen, Heizung abdrehen.
  • Im Raum offen daliegende Gegenstände aus dem Besitz des Verstorbenen sammeln und entweder in den Nachtschrank legen (Angehörige unbedingt darüber informieren) oder den Angehörigen direkt übergeben. (Anmerkung: In den meisten Hospizen bleiben solche mitgebrachten Gegenstände wie Kissen, Bilder, Dekorationen u.ä. dort, wo sie sich befinden, da es sich i.d.R. um Einzelzimmer handelt und so eine persönlichere Atmosphäre zum Abschiednehmen bestehen bleibt; oft sind es die Angehörigen selbst, die - nach Abholung des Verstorbenen - den Nachlass zusammenräumen.)
  • Hierbei religiöse Bedürfnisse beachten, z.B. Kreuz, Kerze (aus Brandschutzgründen nur als Windlicht) und/oder Blumen aufstellen (s.u. Ritualienkoffer).
  • Getränke und Gläser bereitstellen; wenn nicht im Zimmer, dann aber griffbereit in der Nähe.

Begleitung der Angehörigen

  • Gespräche ermöglichen, beruhigende Atmosphäre schaffen, das Abschiednehmen ermöglichen, evtl. ermutigen, dass der Verstorbene berührt werden darf, was hilfreich für das "Begreifen" des Todes ist
  • Angehörige haben gerade bei stationärer Pflege oft unbewusste Schuldgefühle und übertragen diese auf Pflegende, indem diese beschuldigt, kritisiert und beschimpft werden: Anschuldigungen nicht persönlich nehmen, sondern als Ausdruck emotionaler Konflikte der Angehörigen verstehen; ein offenes Gespräch kann hilfreich sein, dabei Verständnis signalisieren und die Emotionen verbal spiegeln.
  • Wenn es die Gegebenheiten erlauben, einen Rückzugsraum für die Angehörigen bereitstellen (Raum der Stille). Die Angehörigen können dort noch einmal zusammenkommen, über das Erlebte sprechen (mglw. auch mit einem Seelsorger oder Trauerbegleiter) und mit der Trauer beginnen.

Ritualienkoffer

Datei:Fingerkreuz und Windlicht.JPG
Fingerkreuz und Windlicht

Der Ritualienkoffer wird auch oftmals als Abschieds-, Sterbekiste oder -koffer bezeichnet. Der Sinn ist, einen zentralen Ort (den Koffer) zu haben, an dem Gegenstände gesammelt werden, die nach dem Versterben eines Patienten/Bewohners von Nutzen sein können. Sein Inhalt variiert von Einrichtung zu Einrichtung. Als Basis sind oftmals folgende Gegenstände vorhanden:

  • ein Windlicht,
  • eine Bibel,
  • jeweils ein Gesangbuch der verschiedenen Konfessionen,
  • ein Kreuz,
  • eine Engelsfigur,
  • eine dezente, kleine Tischdecke für den Nachtschrank,
  • Streichhölzer (zum Entzünden einer Kerze),
  • Karten mit besinnlichen, tröstenden Bildern oder Sprüchen

Weitere Gegenstände können und sollen natürlich auch dabei sein. Möglich wäre zum Beispiel auch eine Liste mit Seelsorgern für die Angehörigen. Auch eine Liste mit Geistlichen anderer Religionen könnte darinliegen. Generell sollte bedacht werden, dass das Zimmer eines Verstorbenen nicht neu dekoriert oder geschmückt werden sollte. Es sollen kleine Akzente gesetzt werden, die zum Verstorbenen passen und die den Angehörigen den Abschied sowie die Trauer etwas erträglicher machen.

Weitere administrative Aufgaben

  • Benachrichtigung des Bestatters (am nächsten Morgen bei Todesfall in der Nacht). Der Auftrag an den Bestatter muss aber durch Angehörige erfolgt sein; ist der Verstorbene alleinstehend und mittellos, ist das Ordnungsamt für die Bestattung zuständig und muss informiert werden.
  • Untersuchungs- oder Behandlungstermine absagen; ehrenamtliche Begleiter, Apotheke u.a. informieren (oder die Angehörigen bitten, das zu übernehmen).
  • dem Bestatter bei Abholung den Totenschein, Personalausweis und Versicherungskarte aushändigen, bei der Umbettung vom Bett auf die Bahre bzw. in den Sarg anwesend und ggf. behilflich sein
  • Dokumentieren:
    • Wahrscheinlichen Todeszeitpunkt (nicht: Herr/Frau ... ist um ... Uhr verstorben, sondern: Vitalzeichen waren ab ... Uhr nicht mehr messbar.)
    • Zeitpunkt der Arztinformation über den wahrscheinlichen Todesfall
    • Wer von den Angehörigen wurde informiert und wird ggf. noch kommen?
    • Zeitpunkt der Todesfeststellung, welcher Arzt
    • Auflistung des Nachlasses und Quittierung der Übergabe an Angehörige
    • Zeitpunkt der Überführung durch den Bestatter

Siehe auch

Literatur

  • Student, J.-C. (Hrsg.): Sterben, Tod und Trauer – Handbuch für Begleitende. 2. Aufl., Herder, Freiburg 2006
  • Student, J.-C. & Napiwotzky, A.: Palliative Care. Thieme, Stuttgart 2007 ISBN 9783131429414
  • Kloeters, Gregor [Autor]: Sterbekultur in deutschen Pflegeeinrichtungen Fachartikel auf bestattungsmarkt.com