Zentralvenenkatheter

Aus Familienwortschatz
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Ein Zentraler VenenKatheter (auch Zentraler Weg, abgekürzt ZVK) ist ein in die Vena cava superior oder inferior vorgeschobener Katheter, dessen Spitze vor dem rechten Vorhof ( also zentral) liegt. ZVK sind auf Intensivstationen, in den Intermediate Care Bereichen und innerhalb der Notfallversorgung Routine und ein Arbeitsmittel dessen sich Intensivmedizin und Intensivpflege gleichermaßen bedienen. In Deutschland werden jährlich etwa 1,5 Millionen zentralvenöse Katheter gelegt und gehören somit zu den häufigsten eingesetzten Medizinprodukten. Vorzugsweise werden Mehrlumenkatheter eingesetzt.

Datei:Zvk-allergie.JPG
dreilumiger ZVK in der v. subclavia, Patient mit Pflasterallergie

Indikationen

  • Postoperative invasive Überwachung (z.B. zentraler Venendruck) und Infusionstherapie
  • Längerfrisitige hochkalorische parenterale Ernährung ( Lösungen >600-800mosmol )
  • Intravenöse Applikation von Medikamenten, besonders innerhalb einer Langzeittherapie
  • Unmöglichkeit eines peripheren Venenzugangs (Kreislaufzentralisation)
  • Nierenersatztherapie (Hämodialyse, Hämofiltration)
  • Erhalt der Bewegungsfreiheit des Patienten (z.B. Prophylaxe eines Inaktivitätssyndroms)
  • Blutentnahmen bei schlechten Venenverhältnissen vorwiegend in der Intensivmedizin (nicht selten auch in der Pädiatrie und Onkologie notwendig).

Kontraindikationen

Wenn geübte Ärzte mit professioneller Assistenz durch eine Pflegefachkraft punktieren, sind normalerweise für die Anlage eines ZVK keinerlei Kontraindikationen gegeben. Innerhalb folgender Situationen trifft diese generelle Aussage allerdings nicht zu:

  • Hautveränderungen an der Punktionsstelle
  • Massive Gerinnungsstörungen
  • Lungenemphysem (keine Punktion der V. subclavia!)
  • Versorgung des Patienten auf „Normalstationen“, auf denen dieses Verfahren nicht „gängig“ ist bzw. die Mitarbeiter nicht speziell eingewiesen wurden
  • Gerinnungsstörungen, z.B. hoher INR unter Antikoagulation

Punktionsorte

Die Wahl des Punktionsortes erfolgt grundsätzlich als individuelle Entscheidung auf der Grundlage der Situation des Patienten durch den punktierenden Arzt. Meist wird der ZVK durch die Seldinger-Technik gelegt. Aus intensivpflegerischer Sicht ist auch der Erhalt des Selbstfürsorgeprinzips des wachen Patienten zu berücksichtigen (Vermeidung einer nicht nötigen Immobilität).

  • Die Vena jugularis externa (hintere oberflächliche Drosselvene) und die Vena jugularis interna (innere Drosselvene). Beide „Halsvenen“ sind die „sichere“ Möglichkeit einer risikoarmen Platzierung eines ZVK. Die Komplikationsrate (Pneumo- und Hämatothorax) ist gering. Es besteht nur eine geringe Gefahr einer Entzündung oder Thrombose, das macht eine längere Liegedauer des Katheters möglich. Die Mobilität ist nur gering eingeschränkt (der Radius entspricht der Länge der „Zuleitungen“). Eine Kontraindikation ist allerdings eine ausgeprägte Struma! Die weitere Pflege der Insertionsstelle kann vor allem bei langen Haaren und starkem Bartwuchs schwierig sein.
  • Die Vena subclavia (Schlüsselbeinvene) wir durch eine „bindegewebige Verspannung“ immer offen gehalten, auch im Volumenmangelschock - und ist daher leicht zu punktieren. Frakturen des Schultergelenkes und ein schweres Lungenemphysem sind Kontraindikationen. Es sind folgende Komplikationen möglich: Pneumothorax, Hämatothorax durch Perforation der A. subclavia, Luftembolie, Infusionsthorax, Verletzung des Plexus brachialis. Aus pflegerischer Sicht ist diese Punktionsstelle günstig, da sie den Patienten in der Mobilität innerhalb seines Bettes und „vor dem Bett“ nur gering einschränkt.
  • Die Vena. basilica verläuft als „Hautvene“ entlang der ulnaren Seite des Unterarmes. Die Punktion in der Ellenbeuge gelingt fast immer und ist daher oft eine Alternative zur Punktion der V. jugularis. Das Vorschieben des Katheters kann durch die Venenklappen erschwert sein: dann hilft das Abspreizen des Armes und das Drehen des Kopfes – und der Katheter „läuft“ wieder.
  • Vena cephalica (schwierig, da fast rechtwinklige Einmündung in die V. axillaris. Besser V. basilica verwenden)!
  • Die Vena femoralis (große Oberschenkelvene / in der Leiste) verläuft in der Nachbarschaft der Arteria femoralis und Vena saphena. Es besteht eine große Infektionsgefahr wegen benachbarter Areale. Das Bein muss absolut ruhig gestellt werden (Einschränkung der Selbstfürsorgemöglichkeit durch Immobilität). Aus hygienischen Gründen und wegen einer sehr hohen Thrombosegefahr ist dieser Zugang für Venekatheter in der Intensivmedizin ungeeignet. Die Punktion der Vena femoralis bleibt Notfallsituationen vorbehalten, in denen schnell lebensnotwendige Medikamente gegeben werden müssen und kein anderer Zugang zur Verfügung steht. Prinzipiell sind normale ZVK aufrund der geringen Flussrate nicht für die Infusion großer Flüssigkeitsmengen in kurzer Zeit geeignet (Volumentherapie beim Schock). Hier bieten sich periphervenöse Zugänge oder spezielle großlumige Katheter (z.B. Shaldon-katheter) an.

Übersicht: Zusammenfassung möglicher Komplikationen

v. basilica/cephalica: Hohe Rate von Thrombophlebitiden, Herzrhythmusstörungen durch Vorrutschen des Katheters, Herzwandperforation.

v. femoralis: Grosse Infektionsgefahr wegen benachbarter Areale. Bein muss absolut ruhig gestellt werden.

v. jugularis externa: Perforation des Gefässes mit starker Blutung, selten Pneumothorax, geringere Bewegungseinschränkung.

v. jugularis interna: Pneumothorax (nur bei Verwendung zu langer Kanüle), Hämatothorax, durch Perforation eines unteren Segmentes der Vene, Luftembolie, Chylothorax: nur bei linker Jugularvene durch Punktion des Ductus thoracicus, Infusionsthorax bei unbemerkter Perforation, grössere Blutung und Luftembolie bei Diskonnektion.

v. subclavia: Hauptsächlich Pneumothorax, Hämathothorax durch Perforation der A. subclavia, Luftembolie, Infusionsthorax, Verletzung des Plexus brachialis.

Vorgehen bei der Punktion

  1. Inspektion der Punktionsregion eventuell auch mit dem Ultraschall (Übersicht schaffen)
  2. Bei der Vena jugularis Kopftieflagerung (bessere Füllung der Vene)
  3. Örtliche Betäubung beim wachen Patienten
  4. Punktion in steriler Technik ( blind, unter Tastung der Halsschlagader, unter Ultraschallsicht)
  5. Fixierung und Spülung des Katheters
  6. Lagekontrolle (eventuell Röntgenaufnahme zum Ausschluß eines Pneumothorax)
  7. ZVK müssen, wegen der Gefahr einer Myokardirritation durch die Katheterspitze (Tachykardien, Flimmern) unter EKG-Kontrolle gelegt werden. In der Anästhesie möglichst nach der Narkoseeinleitung, um reflektorische Störungen zu vermeiden.

Infektionswege der katheterassoziierten Infektion

  • Haut: Einschleppung der Erreger über den Stichkanal, trotz Hautdesinfektion (extraluminaler Infektionsweg).
  • Ansatzkonus: Ursache sind Hygienefehler, die beim Wechsel des Infusionssystems passieren.
  • Infusionslösung: Kontaminationen durch Zuspritzen von Medikamenten in die Infusionslösung (intraluminaler Infektionsweg). (Siehe: Infusionsfiltereinsatz in der Intensivpflege).

Zu den häufigsten Komplikationen der Venenkatheter gehören lokale Infektionen und katheterbedingte Septikämien. Nach aktuellen Zahlen des KISS-Systems liegt die Rate dieser Septikämien in Deutschland bei 1,2 Promille. Trotzdem gibt es große Unterschiede zwischen einzelnen Kliniken hinsichtlich des Auftretens von ZVK-assoziierten Septikämien, was für die unterschiedliche Einhaltung der Hygiene- und Präventionsmaßnahmen spricht. Auch besteht weiterhin ein aktueller Bedarf an gezielten Infektionskontrollprogrammen und Schulungen für das medizinische Personal.

Hygienische Grundregeln:

Einfache Regeln vermeiden zwei Drittel aller katheterassoziierten Bakteriämien:

Anlage des Katheters:

  • Haarschutz und Mundschutz
  • Händewaschen und Desinfektion
  • Steriler Kittel und sterile Gummihandschuhe
  • Strenge Barrieremaßnahmen beim Legen der zentralen Zugänge
  • Desinfektion der Haut mit Chlorhexidin oder Alkohol mit steriler Kornzange und Tupfer

Prophylaxen

  1. Vermeidung des femoralen Zugangs (wenn möglich Subclavia-Zugang)
  2. Konsequente Entfernung von „unnötigen Kathetern“.
  3. Regelmäßige Verbandkontrollen, am besten mit einem transparenten Folienverband (siehe auch ZVK Verbandwechsel). Dieser hat den Vorteil bis zu 7 Tage belassen werden zu können, da die Einstichstelle optimal beobachtet werden kann. Beachte:Hygienische Händedesinfektion
  4. Der Katheter sollte nach Möglichkeit dauerhaft "befahren" werden, das heißt, es sollten möglichst kontinuierlich Infusionen über einen Schenkel laufen (zur Vermeidung von Koagelbildung).
  5. Die Diskonnektierung von Infusionssystemen sollte auf ein Minimum reduziert werden. Ein Infusionssystem, über das keine Fettlösung läuft, kann bis zu 72 Stunden belassen werden, fetthaltige Infusionen nur 12 Stunden (hierzu zählen auch Propofol und Etomidat, die Sojaöl als Trägerlösung haben). Nicht jede leere Flasche abhängen, sondern nur am System zudrehen und so lange angeschlossen lassen, bis die nächste Flasche angehängt wird.
  6. Ein "Strukturiertes Training“ in Medizin und Pflege kann die Infektionsrate um die Hälfte reduzieren und auf tiefem Niveau halten. Allerdings macht sich eine periodische Überprüfung bezüglich der Einhaltung der Hygienevorschriften notwendig.
  7. Die heutigen Richtlinien empfehlen durchweg, den Katheter zu belassen, solange keine Hinweise auf Infektionen oder andere Komplikationen vorliegen..." (Dettenkofer).
  8. Zur langfristigen Infusionstherapie (länger als 3 Wochen, z. B. bei Chemotherapie oder dauerhafter parenteraler Ernährung) dienen z. B. der Hickman-Katheter oder der i.v.-Port.

Antimikrobielle Venenkatheter

Durch Imprägnierungen oder Beschichtungen können Venenkatheter antimikrobiell ausgerüstet werden. Diese Verfahrensweisen führen zu deutlich weniger Septikämien bei Intensivpatienten. Verwendet werden Beschichtungen aus Silber, Chlorhexidin-Silbersulfadiazin oder Antibiotika. Für die routinemäßige Anwendung wird der Chlorhexidin-Silbersulfadiazin-Katheter (CHSS) empfohlen. Er zeichnet sich durch eine hohe Anwendungssicherheit und breite antimikrobielle Wirkung aus. Mit Antibiotika oder mit Antimykotika beschichtete Katheter bergen das Risiko der Resistenzbildung und sind daher nur unter strengster Risikoabwägung akzeptabel.

Weblinks

  1. Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Zentraler_Venenkatheter
  2. Bilder: http://www.google.de/search?q=Zentralvenenkatheter&hl=de&client=firefox-a&hs=EQe&rls=org.mozilla:de:official&channel=np&prmd=ivns&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ei=mmnBTevKIM2QswaQhcnCBQ&ved=0CEAQsAQ&biw=1010&bih=594