Künstliche Ernährung

Aus Familienwortschatz
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Künstliche Ernährung ist die Zufuhr von Nährstoffen unter teilweiser oder kompletter Umgehung des natürlichen Nahrungstransportweges durch den Körper. Bei dieser Art der Ernährung sind Eingriffe notwendig, wie die Anlage einer Ernährungssonde oder eines Zuganges zum Gefäßsystem (wie z.B. ein Port oder ZVK). Bei Neugeborenen und Säuglingen bedeutet künstliche Ernährung, dass auf die Gabe von Muttermilch verzichtet wird.[1]

Dabei wird unterschieden zwischen enteraler und parenteraler Ernährung. Bei der enteralen Ernährung wird nur der obere Teil des Verdauungstraktes (Mund und Speiseröhre) umgangen. Bei der parenteralen Ernährung werden alle notwendigen Nährstoffe mittels Infusionen in das Blutgefäßsystem geleitet, so dass der gesamte Verdauungstrakt umgangen wird.

Indikationen zur künstlichen Ernährung

Als Indikation für eine künstliche Ernährung gelten organische Ursachen, die eine natürliche Nahrungsaufnahme erschweren oder verhindern. Bestimmte Eingriffe erfordern eine längerfristige "Stilllegung" des Verdauungstraktes zur Gewährleistung eines Operationserfolges.

Indikation: Organische Ursache

Eine künstliche Ernährung wird durchgeführt, wenn ein Patient nicht essen kann, z.B. bei Schluckstörungen, Tumore im oberen Verdauungsabschnitt, bei neurologischen Ausfällen wie dem Apallischen Syndrom oder bei andauernden Verwirrtheitszustände (z.B. aufgrund dementieller Erkrankung). In diesen Fällen wird die enterale Form der Ernährung bevorzugt, da bei diesen Patienten der untere Verdauungstrakt in der Regel funktioniert. Als Hilfsmittel wird dazu meist eine PEG angelegt, die dauerhaft einen Zugang zum Magen bietet, über den die Nahrung verabreicht werden kann. In einigen Fällen, bei denen kein Magen mehr vorhanden ist bzw. wegen Erkrankung "geschont" werden muss, wird ein Zugang zum Jejunum gelegt, einem Abschnitt des Dünndarms. Bei Ernährung über eine PEJ ist das Ernährungsprogramm etwas anders als bei einer Nahrungszufuhr via PEG. Die Sondenkost sowie die Art der Verabreichung muss auf die jeweilige Sonde abgestimmt sein.

Indikation: Karenz

Bei Patienten, die kurzzeitig keine Nahrung auf natürlichem Weg zu sich nehmen dürfen (z.B. nach Operationen), wird eher parenteral ernährt, wobei in erster Linie eine Flüssigkeits-, Mineralstoff- und (geringe) Kalorienzufuhr angestrebt wird, so dass dazu meist nur ein peripherer venöser Zugang erforderlich ist.

Erst bei längerer Karenz werden weitere künstlich zuzuführende Nährstoffe wie Eiweiße, Fette und Vitamine notwendig. Da solche Ernährungsinfusionen für periphere Venen ungeeignetet sind, muss ein Zugang zu einem größeren Blutgefäß geschaffen werden, wie z.B. die obere Hohlvene. Der Zugang kann ein Zentralvenenkatheter sein, der kurzfristig und unter relativ wenig Aufwand gelegt werden, allerdings nur wenige Wochen benutzt werden kann. Die Anlage eines Port-Systems erfordert einen operativen Eingriff, dafür erhält man einen Zugang für mehrere Jahre.

Indikation: Nahrungs"verweigerung"

Die sogenannte Nahrungs"verweigerung" (besser: Ablehnung von Nahrung) ist nicht unbedingt eine Indikation zur künstlichen Ernährung, wenn sie nicht krankheitsbedingt ist, wie es z.B. bei der Magersucht der Fall ist. Wird die Ernährung gegen den Willen eines Menschen durchgeführt, ist das eine Zwangsernährung, die einer rechtlichen Begründung bedarf, zumal hierbei der Patient meist auch fixiert werden muss.

Bei dementiell erkrankten Menschen kann die Ablehnung von Nahrung auf mehreren Ursachen beruhen. Diese gilt es zunächst herauszufinden, bevor eine Entscheidung zugunsten künstlicher Ernährung getroffen wird.

Sterbende haben zumeist kaum das Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme, so dass eine künstliche Ernährung in diesem Fall nicht nur unnötig, sondern auch belastend sein kann, v.a. wenn es zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfällen und Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe (Ödembildung) kommt. Diese Symptome können bei Sterbenden Signale des Körpers sein, dass er nicht mehr in der Lage ist, Nahrung zu verarbeiten. Der Sterbeprozess ist dann schon so weit fortgeschritten, dass der Kranke von einer Nahrungszufuhr nicht mehr profitiert. Die Durchführung einer künstlichen Ernährung ist sogar eine Körperverletzung, wenn sich der Patient in seiner Patientenverfügung ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pschyrembel® Pflege. 2007, S.243
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